Hamburg. Am Wochenende duellieren sich in der Elbphilharmonie Wortakrobaten beim „Best of Poetry Slam“.

„Werktags um 14 Uhr machen wir selten“, sagt Moderator Michel Abdollahi gleich zu Beginn der Veranstaltung „Best of Poetry Slam“. Da wüsste er als Gesicht des Veranstalters Kampf der Künste nicht so recht, wer da so komme. „Arbeitslos? Extra frei genommen?“, fragt er. Das Publikum lacht. Und tatsächlich: Von Jung bis Alt, von legerer Jeans bis zum schicken Sakko füllt ein bunt gemischtes Publikum den Großen Saal der Elbphilharmonie.

Zum dritten Mal steht der Mitbegründer in dem imposanten Saal, der sich rund um die Bühne schließt – und in dem in der Regel eher klassische Klänge als gesprochene Worte den Raum durchfluten. Doch heute herrscht hier Wohnzimmer-Flair: Ein Mikrofonständer steht auf einem alten Teppich, an den Seiten ein zerknautschtes Sofa, dazu Stehlampe und Wohnzimmertischen: DJ Martin Moritz fügt dem Ambiente Disco-Vibes hinzu.

In der Elbphilharmonie kämpfen Vier Slam-Poeten um die Gunst des Publikums

Geballte Wortkraft und zehn Minuten Bühnenzeit: Mit diesem Rezept kämpfen vier Slam-Poeten um die Gunst des Publikums. Eine zufällig zusammengestellte Zuschauer-Jury bewertet den Auftritt. Die zwei Slam-Poeten mit der höchsten Punktzahl duellieren sich in einer Finalrunde. Bei wem das Publikum am lautesten klatscht, der gewinnt.

Beim „Best of Poetry Slam“ teilt sich im wahrsten Sinne des Wortes die Crème de la Crème der Profi-Poeten eine Bühne: „Fee“ (Felicia Brembeck), Julian Heun, Mona Harry und Till Reiners. Als Special Guest gehört die Schweizer Stand-up-Comedienne Hazel Brugger zum Künstleraufgebot - und sorgt zwischen den Runden mit ihrem Text über das Älterwerden (sie ist 26) und Geschwisterliebe (ausgedrückt in gegenseitiges Verprügeln) für Lacher.

Den offiziellen Anfang legt Mona Harry mit einer Liebeserklärung an den Norden hin, mit dem sie 2015 über YouTube bekannt wurde. Von „Schafen aus Watte“ und „Wind, der sich Hautkontakt traut“ gesteht sie, wem ihr Herz gehört: Norddeutschland. Bei einem zweiten Text erzählt sie von Brüsten und Körpergewicht, vom Vergleichen und dem Verglichenwerden, von elender Selbstkritik bis zur Selbstliebe. Sie resümiert, ein Körper sei schon allein deswegen schön, „weil er den Kopf trägt“.

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Weiter geht es mit gelungener Stand-up-Comedy von Till Reiners. In einem Medley aus Anekdoten sinniert er darüber, Sprichwörter wie „Lebe jeden Tag, als wenn es dein letzter wäre“ mal wörtlich zu nehmen und kassiert dafür eine Menge Applaus und Lacher. Als Dritte sorgt die gebürtige Münchnerin und Opernsängerin Fee mit Lyrik über Glück und Dankbarkeit für einen Stimmungswechsel von humorvoll zu tiefgründig.

In einem zweiten klugen Text zeichnet sie eine Welt, in der „Schlau“ das neue „Schön“ sein könnte. Zum Abschluss der ersten Runde teilt Julian Heun - das Gesicht der Berliner Slam-Szene - unterhaltsam seine Weisheiten, die er sich aus trashigen Datingshows erschlossen hat. Auch für seinen zweiten, ernsteren Beitrag erhält er reichlich Beifall.

In der Finalrunde duellieren sich die beiden Männer und dürfen sich am Ende beide den Sieg teilen: Der Applaus, der zum Schluss über Platz eins und zwei bestimmt, gleicht sich so sehr, dass Michel Abdollahi die beiden kurzum zu Gewinnern erklärt. Der Titel „Best of Poetry Slam“ hat gehalten. was er verspricht: Tiefsinnige Zeilen, pointierte Comedy und die schlagfertigen Reaktionen des Moderators Michel Abdollahi (der sich im Übrigen nebenher vorbildlich stets um ein weinendes Baby und seine Mutter sorgte) ergeben einen brillanten Mix aus Unterhaltung und literarischen Tiefgang.

Der Erfolg des Formats zeigt sich an diesem Wochenende auch an der Anzahl der Shows: Anstatt wie in den beiden Vorjahren zwei Veranstaltungen findet der „Best of Poetry Slam“ gleich dreimal statt – außer der Late am Freitagend, dem „Bunker Slam Finale“. In die letzte Runde geht es an diesem Sonnabend noch früher los als Freitag. Schon ab 11 Uhr duellieren sich in der Elbphilharmonie die Slammer Florian Hacke, Max Kennel, Jason Bartsch und Tanasgol Sabbagh. Restkarten gibt es noch.