Hamburg. Weniger Glück hatte die Dirigentin mit Beethovens Tripelkonzert: Eine einheitliche Gesamtlinie konnte sich nicht einstellen.

Sobald man umschreiben möchte, dass ein Orchester es sich nicht blutdruckschonend gemütlich macht bei der Kunstproduktion, wird gern das Bild benutzt, wie gespannt und energiegeladen alle auf ihren Stuhlkanten säßen. Genau so dirigierte Karina Canellakis als Ende und Höhepunkt ihres zuvor nicht problemfreien Debüts das NDR Elbphilharmonie Orchester, während Lutoslawskis „Konzert für Orchester“ auf den Notenpulten lag. Nur eben: stehend, ringend, tänzelnd. Enorm fordernd und geschmeidig, mit Durchblick und Drive und schnörkellosen Ansage-Gesten.

Damit geriet das Stück deutlich näher an Bernstein als an Bartók, und die New Yorkerin machte am Donnerstag eindringlich klar, dass schwere Formate wie dieser Kraftakt genau ihre Kragenweite sind. Als Beethoven-Vorspiel dazu stellte sie eine „Coriolan“-Ouvertüre in den Raum, die dramatischen Sog hatte, packend und aufbrausend, als Kampfansage an jede Art von Schicksal, bevor es vorhaben sollte, sich in den Weg zu stellen.

Canellakis begnügte sich damit, den Orchesterpart zu regeln

Diese Art Glück war Canellakis allerdings nicht durchgängig gegönnt. Denn in Beethovens Tripelkonzert, chronisch als unterwichtige Zwischengröße abgetan, kamen die Beteiligten auf keinen gemeinsamen sinnstiftenden Nenner, man endete im unbefriedigenden Unentschieden. Während der Geiger Christian Tetzlaff und seine Schwester, die Cellistin Tanja Tetzlaff, trotz einiger Intonationsprobleme auch wie Seelenverwandte spielten und für Klarheit sorgten, flatterte der Klavierpart unter Lars Vogts Händen weitgehend profilarm und nebulös durchs dreisätzige Geschehen. Canellakis, dort zwischen allen sprichwörtlichen Stühlen stehend, war nicht zu beneiden, weil auf eher verlorenem Mittlerposten; sie begnügte sich deswegen damit, als Dienst am Werk zumindest den Orchesterpart zu regeln.

Eine einheitliche Gesamtlinie konnte sich so nicht einstellen, alle spielten, mal mehr, mal weniger nach der klassischen Udo-Lindenberg-Devise „Ich mach mein Ding“. Dass die drei, weil sie als Kammermusik-Ensemble aufeinander eingespielt sind, auch anders können, bewiesen sie erst in der kleinen, tatsächlich feinen Zugabe, dem dritten Satz aus Dvoraks Dumky-Trio. Der Konzert-Auftakt, Webern Sechs Stücke für Orchester op. 6, hatten nochden Charakter einer korrekt absolvierten Pflichtübung gehabt. Kein Problem für diese Dirigentin. Doch nicht so nah an ihrem Charakter, dass sie zwingend notwendig gewesen wäre.

Info: Das Konzert wird am 12.1, 11 Uhr, im Großen Saal der Elbphilharmonie wiederholt. Am 11.1., 21 Uhr, spielen die Solisten und Musiker des NDR-Orchesters bei einem moderierten „#übelst_unverstärkt“-Clubkonzert im Uebel & Gefährlich (Feldstr. 66) Kammermusik-Werke von Schostakowitsch und Brahms. Evtl. Restkarten.