Hamburg. Beide Konzerte der Band um Hartmut Engler sind ausverkauft – ein 8000 Menschen starker Chor direkt aus dem “Abenteuerland“.

„In Deutschland gibt es Die Toten Hosen, Die Ärzte und Pur“, stellte Pur-Sänger Hartmut Engler laut „Focus“ im vergangenen Dezember bei den Dreharbeiten zur ZDF-Show „Weihnachten in Bethlehem“ fest. Und auch wenn Fans von Campino und BelaFarinRod jetzt beim Lesen vor Entsetzen den nächtlichen Bommerlunder und Jack Daniels über den Bildschirm oder den Morgenkaffee über die Zeitung spotzen: Der Harti aus Bietigheim-Bissingen hat schon recht. Allzu viele deutsche Bands, die mehrere Jahrzehnte lang große Hallen füllen und auf höchste Chartsregionen gebucht sind, gibt es nicht.

Zu Purs Stadtparkkonzerten Nummer acht und neun seit dem „ersten Auftritt im Logo vor 20 Leuten in den 80ern“ (Engler) kommen am Donnerstag und Freitag auch insgesamt wieder 8000 Fans, beide Abende sind ausverkauft. Mit strahlenden Funkelperlenaugen freuen sie sich auf 150 Minuten Musik, die andernorts gern despektierlich als Fliesentisch-Pop abgetan wird, als gestrig und – Bietigheim-Bissingen – provinziell. Aber diese oberflächliche Auseinandersetzung mit 16 Alben, deren Songs zu einem irre langen Hitmix kombiniert werden können, lässt außer Acht, dass Pur-Songs im Vergleich zu aktuellem Chartsschrott handwerklich perfekt sind und dennoch echte Emotionen hervorrufen.

Nichts zu meckern und viel zu singen bis zum nächsten "Wiedersehen" mit Pur

Schon beim Auftakt „Beinah“ klatschen alle mit, die keine Smartphones hochrecken, und Band und Fans werden „Freunde“, die nicht nur bei „Ich lieb’ dich“ jede Textzeile „Verboten schön“ mitsingen können. Und es sind nicht nur Heile Welt und gebrochenes Herz, Gemeinschaft und Gefühl, das an diesem Donnerstag 4000 Hamburger und Angereiste zum Pur-Chor vereinen. „Ich leb’ in vielen Herzen, fest verankert im Zorn, durch jeden Türkenwitz wird ein Stück von mir gebor’n“, singt Engler über Hass in „Bis der Wind sich dreht“. Das Lied ist 32 Jahre alt und immer noch aktuell.

Nach einem Abstecher zu Fools Garden mit Peter Freudenthaler und „Lemon Tree“ kommt sozusagen der erwähnte Hitmix: „Abenteuerland“, „Indianer“, „Funkelperlenaugen“, „Lena“, „Hab mich wieder mal an dir betrunken“, da gibt es bis zum nächsten „Wiedersehen“ nichts zu meckern und viel zu singen. Eine 1975 gegründete Schülerband, die über viele Höhepunkte, aber auch Krisen erfolgreich ergraut ist, wo gibt es so etwas noch?

Ach ja, am Freitag beim zweiten Pur-Konzert im Stadtpark.