Hamburg. Im Rahmen des SHMF gaben die Altmeister Ton Koopman und Klaus Mertens ein berührendes Kirchenkonzert. Der zweite Teil überraschte.
Geistlich und weltlich ging es beim SHMF-Konzert in Hamburgs Hauptkirche St. Katharinen zu. Ton Koopman (74) – niederländischer Altmeister als Dirigent, Cembalist und Organist – gastierte mit dem Bassbariton Klaus Mertens (70), seinem langjährigen künstlerischen Partner, ebenfalls ein Altmeister und Könner seines Fachs.
Bach steht als Komponist beim diesjährigen Schleswig-Holstein Musik Festival im Zentrum. Ein Konzert in Hamburgs Katharinen-Kirche war hier ein Muss, denn der junge Bach spielte seinerzeit einige Male genau in dieser Kirche. Der Magistrat der Stadt und andere sollen „ihm mit besonderen Vergnügen“ zugehört haben.
Beide Konzerthälften eröffnete Ton Koopman solistisch auf der großen Orgel. Er ist bekannt für seine Energie, er neigte schon immer zu ein wenig flotten Tempi und latenter Unruhe. Bachs Fantasie G-Dur BWV 572 lebt sowieso von Virtuosität, das passte gut. Beim Orgelchoral „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ zeigte Koopman durch dunklere Register im Vergleich zur Fantasie die klanglichen Möglichkeiten der Orgel, aber für den Choral hätte man sich mehr Ruhe gewünscht. Die zeigte Koopman dann beim Adventschoral „Nun komm, der Heiden Heiland“ nach der Pause. Zauberhaft, wie rund er die reich verzierte Choralmelodie zelebrierte.
Erinnerungen an den großen Peter Schreier wurden wach
Nach seinen Soli wechselte Koopman von der Orgel-Empore ins Kirchenschiff, wo er auf einem Cembalo und einer kleinen Orgel spielte und Klaus Mertens versiert begleitete. Selten bekommt man Bachs Choräle aus „Schemellis Musicalischem Gesang-Buch“ zu hören. Zu rund 70 dieser insgesamt fast 1000 Melodien schrieb Bach die Harmonien, einige Melodien erfand er selbst.
Die Schlichtheit, aber auch die Noblesse, mit der Klaus Mertens mit seinem wunderbar ausgewogen Timbre die protestantisch ein wenig frömmelnden Melodien und Texte singen kann und auch ein Lied aus dem „Notenbüchlein für Anna Magdalena Bach“, macht ihm so leicht keiner nach – es sei denn man erinnert sich noch an Peter Schreier, der konnte das ebenfalls. Auch Arien aus zwei Kantaten präsentierte Mertens mit fantastischer Kennerschaft und sehr feiner Stimmführung.
Bruch im zweiten Teil
Im zweiten Teil mischte er dann in Lieder von Bachs Sohn Carl Philipp Emanuel ein wenig viel Pathos. Und dann wunderte man sich, wie sich in ein Kirchenkonzert drei durchaus frivole Mozart-Lieder mischen konnten. In „Das Veilchen“ auf einen Goethe-Text geht es immerhin versteckt um die Entjungferung eines Mädchens. Und bei einer der Zugaben (Mozarts „An Chloë“) wird sehr charmant ein Geschlechtsakt beschrieben.
Das ist wunderbare Musik, keine Frage, doch Mertens hielt sich in Sachen Esprit etwas zurück, vielleicht wegen der kirchlichen Lokalität? Seine große Stärke – Bach - zeigte er noch einmal bei der letzten Zugabe, einem Abendlied aus Schemellis Gesangbuch. Plötzlich kam die bereits zu spürende Aufbruchstimmung in der Kirche zur Ruhe, es herrschte berührende Konzentration.
Infos zum Programm des Schleswig-Holstein Musik Festivals: : www.shmf.de