Der neue Film des Hamburger Regisseurs Fatih Akin „The Cut“ erlebte am Sonntagabend bei den Filmfestspielen in Venedig Weltpremiere. Für Akin ist der Film einer seiner „intensivsten“.
Venedig. Noch nie ist über einen Film von Fatih Akin vorab so viel berichtet worden wie über „The Cut“. Dabei hatte ihn bisher noch kaum jemand gesehen. Sogar die „New York Times“ wollte ein Interview mit dem Hamburger Regisseur, dessen neues Werk vor dem Hintergrund des Genozids an den Armeniern spielt. Türkische Ultranationalisten bedrohten ihn deshalb. Nach der Pressevorführung bei den Filmfestspielen in Venedig gab es am Sonntag Beifall und ein Buh. Am Abend erlebte der Film seine Weltpremiere.
„The Cut“ erzählt vom jungen armenischen Schmied Nazaret (Tahar Rahim), den türkische Gendarmen 1915 von seiner Familie trennen. Es gelingt ihm, den Völkermord zu überleben, aber er ist fortan stumm. Als er erfährt, dass auch seine Zwillingstöchter am Leben geblieben sind, macht er sich auf die Suche. Es wird eine Odyssee, die ihn von Asien über Kuba bis in die USA führt. Es ist eine Geschichte vom Überleben, Suchen und Finden. Stilistisch orientiert sich Akin in diesem Film an seinen Vorbildern wie Elia Kazan, Sergio Leone oder Clint Eastwood.
„‚The Cut‘ ist wie ein Gebet. Es ist der Film, an dem ich am längsten und intensivsten gearbeitet habe“, sagte Akin am Rande des Festivals. „Das Schicksal der Armenier wirkte wie ein Magnetismus. Es hat mich nicht losgelassen. Irgendwann musste ich einen Film darüber machen.“ Die Art, wie die Medien das Thema aufgegriffen haben, sah er auch kritisch. „Ich bin kein Vorreiter und leiste keine Pionierarbeit. Ich arbeite daran, Geschichte zu reflektieren.“ Zu der Bedrohung durch Ultranationalisten erklärte er: „Kein Film ist es wert, dass durch ihn irgendwelche Teammitglieder gefährdet werden.“
„Der Film, auf den die Armenier gewartet haben“
In der Pressekonferenz erhielt Mardik Martin viel Applaus. Der Hollywood-Veteran, armenischer Abstammung und Drehbuchautor mehrerer Filme von Martin Scorsese, hatte mit Akin zusammengearbeitet. Dadurch ist der 1937 Geborene plötzlich zurück im Rampenlicht. „Ich war schon zurückgetreten. Fatih hat mich da wieder rausgeholt“, sagte er. Martin, der eigentlich nur ein Auge auf die englischen Dialoge werfen sollte, hat das Drehbuch enorm verschlankt und den Schluss komplett umgeschrieben.
Einer der Darsteller, der Armenier Simon Abkarian, wischte die Vorabkritik aus der Türkei weg: „Das ist der Film, auf den die Armenier gewartet haben.“ Ein ägyptischer Journalist machte dem Team ein schönes Kompliment. „Hier wird erzählt, was vor 100 Jahren passiert ist und heute immer noch geschieht. Danke für diesen Film!“ Er bekam viel Applaus für diese Bemerkung.
Ursprünglich hatte man erwartet, „The Cut“ würde im Wettbewerb in Cannes laufen. Aber die Entscheidung über die Wettbewerbsfilme zog sich hin, Akin wartete lange vergeblich und zog seinen Film dann zurück. „Aus persönlichen Gründen“, wie er erklärte.
„The Cut“ ist nun, mit einem Budget von 15 Millionen Euro, Akins bisher teuerster Film und der Abschluss seiner „Liebe, Tod und Teufel“-Trilogie. Ratschläge hatte sich der Filmemacher unter anderem bei Martin Scorsese geholt, der über den Film sagte: „Fatih Akins sehr persönliche Antwort auf ein tragisches Kapitel der Weltgeschichte ist von großer Intensität, Schönheit und beeindruckender Erhabenheit.“
„The Cut“ feiert seine Deutschlandpremiere beim Filmfest Hamburg (25.9. bis 4.10.) und kommt am 16. Oktober in die deutschen Kinos. Zeitnah soll das Drama auch in der Türkei starten.