KOSTÜMFILM: Süßigkeiten, Schuhe und Frisuren. Sofia Coppola zeigt in “Marie Antoinette“ wenig Historie

Erst 14 Jahre ist Marie Antoinette (Kirsten Dunst) alt, als ihre Mutter, die österreichische Kaiserin Maria Theresia (Marianne Faithfull), sie mit dem französischen Thronfolger (Jason Schwartzman) verheiratet. Von Liebe ist keine Rede, stattdessen wird der königliche Teenie an die Grenze zum Nachbarland gebracht, an der er sich bei der Übergabe an die französischen Betreuer nackt ausziehen muss. Kein Stück Österreich soll mehr an Marie sein, sogar ihr Schoßhund muss zurückbleiben.

Unbedarft beginnt Marie Antoinette ihre neue Karriere. Ihr jugendlicher Mann interessiert sich nicht sonderlich für sie. Am französischen Königshof herrscht strenge Etikete. Ihre Entourage steht im königlichen Schlafgemach vor dem Bett, wenn die Vorhänge zugezogen werden, und ist am Morgen wieder da, um nachzusehen, ob das staatliche Zuchtprojekt bald Früchte tragen könnte. "Das ist ja lächerlich", entrüstet sich die junge Königin. "Das ist Versailles", ist die lakonische Antwort ihrer Betreuerin.

Zunächst herrscht im königlichen Bett jedoch tote Hose. Stattdessen führt die Regentin ein Luxusleben, delektiert sich an aufwendigen Frisuren, Unmengen von Süßigkeiten und entwickelt einen Schuhtick. Das Verhältnis zum französischen Volk verbessert sich, als sie Mutter wird und einen Thronfolger gebiert. Einmal darf sie sich sogar wirklich verlieben. Aber nur kurz. Und dann wird es kritisch. Der Hof prasst, das Volk hungert und sucht einen Sündenbock . . .

Mit den historischen Rahmenbedingungen hat es die US-Regisseurin Sofia Coppola ("Lost In Translation") in "Marie Antoinette" nicht so genau genommen. Die revolutionären Ereignisse, die schließlich das Königspaar den Kopf kosten sollen, spielen nur eine Nebenrolle. Dabei ist Marie Antoinette mit der angeblich von ihr stammenden herablassenden Äußerung "Wenn sie kein Brot haben, sollen sie doch Kuchen essen" ihren Platz oben auf der Bestenliste der historischen Ignoranz sicher.

Coppola interessiert mehr die Frau mit der verpfuschten Jugend, die sich später als Partygirl zumindest einen Teil des Spaßes zurückholen kann, der ihr lange versagt bleibt. Der Kostümfilm ist ein Augenschmaus, und Coppola lässt den Hofstaat zu 80er-Jahre-Musik rocken. Das wirkt erfrischend, aber etwas mehr historischer Zeitgeist wäre besser gewesen.

>> Marie Antoinette USA 2006, 123 Minuten, ab 6 Jahren, R: Sofia Coppola, D: Kirsten Dunst, Jason Schwartzman, Asia Argento, Marianne Faithfull, täglich im Koralle, Pasage, UCI-Kinowelt Othmarschen-Park, UCI-Kinowelt Smart-City