Regisseur Michael Mann über die TV-Serie und den Film “Miami Vice“

ABENDBLATT: Wollen Sie mit Ihrem neuen Film wieder das alte "Miami Vice"-Fieber entzünden?

MICHAEL MANN: Nicht wirklich. Ich habe mir natürlich einige der Episoden aus der TV-Serie angeschaut, um mich zu inspirieren. Mir fiel besonders der emotionale Aspekt auf, der mal stärker und mal schwächer ausgeprägt war. Das wollte ich im Film transportieren. Ich wollte eine romantische Story. Die Vorlage für das Drehbuch fand ich in einem Zeitungsartikel über einen Agenten, der eine Affäre mit der Frau eines Waffenschmugglers eingeht. Das war wahre Liebe und ist das Herzstück des Films.

ABENDBLATT: Wie unterscheiden sich Kinofilm und TV-Serie?

MANN: Es ist leichter, über die Ähnlichkeiten zu sprechen. Neben dem schon erwähnten emotionalen Ton sind es die beiden fast schon mechanischen Hauptfiguren und die Geschwindigkeit, mit der die Geschichten erzählt werden. Crockett und Tubbs bewegen sich in einer sehr schnellen Welt - damals wie heute.

ABENDBLATT: Wie haben Sie sich damals den unglaublichen Erfolg von "Miami Vice" erklärt?

MANN: Die Serie war modern und gegenwärtig. Sie war eben nicht ein Überbleibsel aus den Siebzigern, sondern spielte ganz klar in der Welt von 1985. Die Autos, die Mode, die Accessoires - alles passte in die Zeit. Wer im Gangstermilieu viel Geld hatte, sah damals genauso aus, fuhr solche Autos und Boote und speiste in Restaurants, die uns heute recht kitschig erscheinen.

ABENDBLATT: Und "Miami Vice" 2006?

MANN: Es war mir wichtig zu zeigen, wie die Welt von Tubbs und Crockett 2006 aussieht. Dabei geht es nicht nur um Mode und Autos, sondern vor allem um die Veränderungen in der kriminellen Welt. Die Polizei kämpft heute nicht mehr gegen Gangsterbosse, sondern gegen straff geführte Organisationen.

ABENDBLATT: Wäre es nicht nett gewesen, die Rollen wieder mit Don Johnson und Philip Michael Thomas zu besetzen?

MANN: Nein, das wollte ich auf keinen Fall. Sie hätten dafür gesorgt, dass man nur auf die alte Serie zurückblickt und der Nostalgie verfällt. Ich wollte jedoch nur das Herz und die Seele der Serie, nicht aber Elvis, das Krokodil und Leinen-Jacketts.

ABENDBLATT: Es fällt auf, dass Sie sich in fast all Ihren Filmen mit Kriminalität und Verbrechen auseinandersetzen. Was fasziniert Sie so an dieser Thematik?

MANN: Es sind nicht die Verbrechen, die mich reizen, sondern Menschen, die Verbrechen begehen. Ich finde etwa Bücher, die von Gangstern in Gefängnissen geschrieben wurden, extrem spannend. Und aus Kritzeleien an Zellenwänden habe ich mehr gelernt als aus wissenschaftlichen Abhandlungen über Kriminalität. Gefängnisse sind das mikroskopische Abbild der Gesellschaft. Und Menschen, die einen Teil ihres Lebens dort verbracht haben, sind so etwas wie ein Charakterkonzentrat.

ABENDBLATT: Wird es mit "Miami Vice" im Kino weitergehen?

MANN: Das könnte ich mir schon vorstellen, aber nicht so bald.