Hamburg. „Umschlagplatz der Träume“ von Mares-Preisträger Erik Schäffler feiert Uraufführung. Damit bringt er Hamburg ein neues Stück Hafen.

„Der Hafen, die Lichter, die Sehnsucht begleiten das Schiff in die Ferne hinaus“, heißt es in Hans Albers:’ Lied „Das Herz von St. Pauli“. Nun ist Erik Schäffler nicht als Kiezianer verschrien, jedoch in Hamburg zu Haus. Schäffler hat ein Stück über Hamburgs Hafen geschrieben. Weshalb ausgerechnet ein gebürtige Schwabe wie er?

„Vielleicht weil ich ein Schwabe bin, ein Exilant“, sinniert Schäffler, 2018 beim Theaterpreis Hamburg - Rolf Mares mit dem Sonderpreis für außergewöhnliche Leistungen ausgezeichnet. Das Stück komme ja fast zu spät, meint er schmunzelnd, schließlich lebt und arbeitet der Schauspieler, Synchronsprecher, Produzent und Theaterautor seit drei Jahrzehnten in Hamburg. Zuvor war er zehnmal umgezogen.

Hamburger Hafen als Sehnsuchtsort

„Ich muss auch wissen, wo ich verankert bin“, sagt Schäffler. Für ihn übte der Hamburger Hafen als Sehnsuchtsort stets eine Faszination aus. „Der Hafen ist das Herz dieser Stadt. Und ich muss mich grundsätzlich mit meiner Heimat verbunden fühlen“, meint er. Ausdruck dessen ist sein Stück „Umschlagplatz der Träume“. Ursprünglich verfasst aus Anlass des 833. Hafengeburtstages, der pandemiebedingt in den September verlegt worden ist, feiert es diesen Donnerstag Uraufführung im Ernst Deutsch Theater.

An der Mundsburg hatte Schäffler nach seiner Zeit als Ensemble-Mitglied am Deutschen Schauspielhaus in „Das Boot“ Kurs gehalten, später als SPD-Zuchtmeister Herbert Wehner im Zwei-Akter „Demokratie“ drei Stunden lang an der Pfeife gezogen. Mit „Tyll“, seiner Bühnenfassung des Daniel-Kehlmann-Romans, inszenierte der frühere „Teufel“ und Regisseur des „Hamburger Jedermann“ 2020 erstmals selbst am Ernst Deutsch Theater.

Schäffler: Kreativ im Lockdown

Als er mit seiner freien Theatergruppe Axensprung danach während der Lockdowns lange Zeit nicht auftreten konnte, reifte beim 60-Jährigen die Idee für ein eigenes Stück über den Hafen: „Es braucht eine gewisse Erfahrung, um das zu wagen.“ Und Partner: Die Produktion des Ernst Deutsch Theaters ist eine neuartige Kooperation mit Axensprung, Initiiert vom Theater-Enthusiasten Markus Linzmair, ermöglicht von dessen Firma IPT und der Bank Julius Bär AG.

Mehr als 20 Bücher hat Schäffler, mit Axensprung spezialisiert auf zeitgeschichtliche Stoffe, zur Inspiration gelesen, um eine Story vor historischem Hintergrund zu entwickeln. Es ist ein Zeitraum von rund 150 Jahren. Zwei große Umbrüche habe es - außer den beiden Weltkriegen – in der Hafen-Geschichte gegeben, so Schäffler: Erstens der Ausbau des Sandtorhafens Mitte der 1860er-Jahre mit dem ersten Hafenbecken, später mit Freihafen und dem Bau der Speicherstadt 1888. Zweitens die Umstellung der Stückgut- auf die Container-Schifffahrt in den 1960er- und frühen 70er-Jahren.

150 Jahre Hafen-Historie als Liebesgeschichte

Damit derlei Hafen-Historie nicht zu trocken und zu technisch gerät, hat Schäffler die fiktive Lebens- und Liebesgeschichte der Reedersfrau Charlotte Tiedenbreuk kreiert. Spätestens mit Beginn der Industrialisierung und dem Boom der Handelsschifffahrt wuchs die Bedeutung der Reedersfamilien, oft durch holländische Vorfahren geprägt. Reiche Reeder und arme „Kedelklopper“ (Kesselreiniger), im „Umschlagplatz der Träume“ begegnen sie sich. Garniert von neun maritimen Liedern, die der musikalischer Leiter Markus Voigt, auch einer der acht Darsteller, eigens fürs Schauspiel komponiert hat. Nichts also mit „Das Herz von St. Pauli“.

Ohnehin weiß Schäffler. „Die meisten Matrosen kamen aus dem Süden - die sahen die Arbeit aber meist zu romantisch.“ Wie der Autor den Hamburger Hafen sieht, wird sich zeigen. Bei Erfolg soll das Stück jedes Jahr zum maritimen hanseatischen Geburtstag im Ernst Deutsch Theater laufen.

„Umschlagplatz der Träume“ UA Do 5,5,, 19.30, dann 6.-8.5. und 30.5.-4.6., Ernst Deutsch Theater (U Mundsburg), Friedr.-Schütter-Pl. 1, Karten zu 22,- (erm. 9,-) bis 44,-: T. 22 70 14 20; .www.ernst-deutsch-theater.de, vom 6.-8.5., für Abendblatt-Abonnenten je nach Treue-Karte 10 bis 25 % Treue-Rabatt.