Von Hamburg aus eroberte van Veen den deutschen Markt. Jetzt begeisterte der singende Holländer seine Fans beim Wunschkonzert im Schauspielhaus. Dabei musste selbst der Saxophonist lachen.

Hamburg. Als letzte Zugabe singt er nach drei Stunden sein vielleicht schönstes Lied, eine Ballade über das Älterwerden als Paar. „Du beugst dich nicht meinem Starrsinn, und es wird dir auch gelingen, mich noch zur Vernunft zu bringen, auch wenn ich ein alter Narr bin“ singt Herman van Veen, stutzt einen Moment und lacht in sich hinein. „Später“, sagt er dann, „habe ich es mal genannt.“ Später? Rein biologisch gesehen sind die 1982 geschriebenen Verse längst in der Jetzt-Zeit angekommen. Nur acht Monate trennen van Veen noch vom 70. Geburtstag. Der singende Holländer hat das gesetzliche Rentenalter schon lange erreicht.

Aber was sind schon Lebensjahre? Mancher Mit-Vierziger dürfte neidisch werden ob van Veens Fitness. Steppen kann er noch immer großartig, von der urkomischen Verrenkungs-Nummer am Flügel ganz zu schweigen. Seine Präsenz auf der Bühne ist mit den Jahren sogar gewachsen. Früher gab er öfters den Clown, inzwischen genügt ihm ein Rosenblatt auf der Nase als Reminiszenz an diese Zeit. Natürlich ist nach wie vor ein wunderbar witziger Erzähler. Wenn er berichtet, wie sein Vater, ein durch den Krieg verhinderter Varietékünstler, die Pointe bei seinem ersten großen Theater-Auftritt leider komplett versemmelt, lacht sogar sein Saxophonist, obwohl der die Pointe mindestens 100 Mal gehört haben dürfte.

Dennoch dominieren an diesem Abend die melancholischen Momente. Bei seinen Liedern über gescheiterte Ehen, über Scheidungs-Waisen, über den Todeskampf eines NS-Opfers herrscht im Schauspielhaus eine fast sakrale Andacht. Und doch lässt van Veen nicht zu, dass das Sentiment das Konzert erdrückt. Er holt seinen jungen Schlagzeuger nach vorn, greint über Zipperlein und Todesängste, und fragt ihn dann: „Spürst Du das nicht auch.“ Der schüttelt den Kopf. Und van Veen feixt: „Ich auch nicht.“

Als „Wunschkonzert“ firmiert seine Tour, seine Fans konnten ihm ihre Wunschhits mailen. Und natürlich liefert van Veen mit seiner formidablen Band, singt seine großen Erfolge wie „Anne“, „Kleiner Fratz“, „Zärtliches Gefühl“ und „Kwak“, Titelsong seiner preisgekrönten Trickfilmserie aus den 1980ern. Aber er widersteht der Versuchung, ein einfaches Best-Of-Programm abzuspulen, mischt geschickt Bekanntes mit Neuem. Er setzt sich zu seinem Pianisten Erik van der Wurff auf den Klavierschemel, gemeinsam musizieren sie seit nun 52 Jahren. „Damals hatte ich im Konservatorium einen Zettel ausgehängt, dass ich eine wunderschöne Frau als Begleiterin suche, die auch ein bisschen Klavier spielen kann. Und dann meldete sich Erik“, sagt van Veen und streichelt ihm über das ebenfalls schüttere Haar.

Vor 40 Jahren traten die beiden das erste Mal in Hamburg auf, Konzertveranstalter Karsten Jahnke, 76, glaubte an den Holländer, der damals kaum ein Wort Deutsch konnte. Von Hamburg aus eroberte van Veen den deutschen Markt. Deshalb ließ es sich Jahnke auch nicht nehmen, seinem Weggefährten einen riesigen Blumenstrauß zu überreichen. Lange umarmen sich die beiden Männer, alt - und doch so jung. „Bleiben Sie gesund“, sagt van Veen noch zum Abschied und verspricht: „In zwei Jahren und zwei Monaten bin ich wieder in Ihrer wunderbaren Stadt.“ Keine Frage, Herman, den Juli 2016 halten wir uns jetzt schon frei. Vor allem aber: Bleib auch gesund!