Zum zweiten Mal gehen die Privattheatertage über Hamburger Bühnen. Im Angebot des von Axel Schneider gegründeten Festivals: Komödie, zeitgenössisches Drama und moderne Klassiker.
Die Helden in Komödien, in modernen Dramen und Klassiker-Adaptionen tragen bei den Hamburger Privattheatertagen Macht- und Sex-Spiele aus. Manchmal beides zugleich. Ein Paradebeispiel gibt „Richard III“. In Shakespeares Königsdrama wirbt der Bösewicht schamlos um die Witwe des von ihm ermordeten Gatten und gewinnt sie für sein Bett. In der Version der bremer shakespeare company am 13.6. im Harburger Theater weckt das Spiel um Krone und Mord Assoziationen zu heutigen Diktatoren und Machthabern.
Duelle erotisch-intellektueller Art liefern sich Studentin Carol und Professor John in David Mamets „Oleanna“ (9.6., Kammerspiele). Rasch gerät die zunächst klar bestimmte Machtstruktur zwischen den beiden in Meinhard Zangers Inszenierung vom Wolfgang Borchert Theater Münster ins Wanken: Die junge Frau beschuldigt den Dozenten der sexuellen Nötigung. Wer ist hier Opfer und wer Täter?
Einen Aufsteiger durch Charme, Hochzeit und Hochstapelei porträtiert Friedrich Schiller in seinem wenig bekannten Lustspiel „Der Parasit oder Die Kunst, sein Glück zu machen“ (6.6., Kammerspiele). Der Betrüger Selicour lässt in der zeitgemäßen Fassung des Theaters „Die Färbe“ aus Singen in Peter Simons pointierter Regie an heutige Topmanager und ihre windigen Machenschaften in Banken oder Konzernen denken.
Das Theater um Macht und Liebe im Theater nimmt amüsant und (selbst-)kritisch das theater FACT aufs Korn. Die Leipziger kommen als erste ostdeutsche Privatbühne zum Festival und bringen eine freche Montage aus Büchners „Leonce und Lena“ und Hansjörg Schneiders „Die Theaterfalle“ unter dem Titel „Keine alltägliche Übung oder Zwischen den Beinen eines Mädchens“ (12.6., Kammerspiele). Eine Probe zum Büchner-Stück mündet unversehens in Statuskämpfe zwischen Regisseur und Verwaltungsdirektor, mit denen die Schauspielerin Helen gleichzeitig spielt und auch versteht, die beiden Rivalen gerissen gegeneinander auszuspielen.
Das von Axel Schneider gegründete Festival erlebt seine zweite Auflage diesmal auf acht Hamburger Bühnen, darunter erstmals in der Fabrik, auf Kampnagel, im Ohnsorg und in der Komödie Winterhude. Das Altonaer Theater fällt wegen Renovierung aus, die Kammerspiele sind das Festivalzentrum. Vor den Vorstellungen moderiert Jasmin Wagner eine halbstündige Einführung, stellt die Theater und ihre Produktionen und ihre Vertreter vor.
Durch den Gala-Abend mit der Verleihung der Monica-Bleibtreu-Preise und des Publikumspreises zum Finale des Festivals (16.6., 19.30 Uhr, Kammerspiele) führt Johannes B. Kerner. Als Gaststar ist die Sängerin Anna Depenbusch angekündigt. Die Jury, darunter Autor und Regisseur Michael Batz, Konzertveranstalter Hans Werner Funke, Schauspieler Mehmet Kurtulus, Ex-Kultursenatorin Helga Schuchardt und Filmfest-Chef Albert Wiederspiel, wählt die Gewinner – obwohl alle zwölf eingeladenen Produktionen eigentlich schon Sieger sind.
Privattheatertage 4.–16.6., jew. 20.00, Karten zu 9,- bis 29,-: T. 413 3440; www.privattheatertage.de