Mit ihrem Roman um die sexuellen Obsessionen einer Studentin trifft die Autorin E. L. James offensichtlich auch den Nerv der Deutschen.

Baden-Baden. Zwei Bücher zum Thema Sex haben die deutschen Verkaufs-Charts im Sturm erobert: Mit ihrem Werk "Shades of Grey“ um die sexuellen Obsessionen einer Studentin und ihres älteren Liebhabers trifft die britische Autorin E. L. James offensichtlich auch den Nerv der Deutschen. In ihrem Heimatland und in den USA hat sie schon einen riesigen Erfolg gefeiert, jetzt gelang ihr in Deutschland mit dem ersten Band der Trilogie "Geheimes Verlangen“ der Sprung auf den ersten Platz. Das gab Media control am Montag in Baden-Baden bekannt. In der Sparte Hardcover-Ratgeber ergatterten Ann-Marlene Henning und Tina Bremer-Olszewski den Spitzenplatz. Ihr Aufklärungsbuch "Make Love" richtet sich an Jugendliche.

+++ "Shades of Grey": Ich leg dich übers Knie +++

Nach Ansicht der Publizistin Alice Schwarzer ist die lustvolle Lektüre des Bestsellers "Shades Of Grey“ mit seinen sadomasochistischen Sexszenen ist aus feministischer Sicht völlig in Ordnung. "Dieser Unterhaltungsroman ist das Gegenteil von Pornografie, in der der Sex entpersonalisiert ist“, sagte die Herausgeberin des Magazins "Emma“ kürzlich. "Die Frau wird nie zum passiven Objekt degradiert, sondern bleibt denkendes und handelndes Subjekt.“

Die britische Autorin E.L. James erzählt im ersten Teil ihrer Trilogie, wie die jungfräuliche Studentin Anastasia sich in den unter massiven Kontrollzwängen leidenden Milliardär Christian Grey verliebt. Die Protagonistin lasse sich zwar ein Stück weit auf die Welt ihres dominanten Geliebten ein, ziehe dann aber die Reißleine, sagte Schwarzer. „Warum sollte das ein Rückschlag für die Emanzipation sein? Eine Frau schreibt über männlichen Sadismus - denn der ist das eigentliche Thema – und über ihre weiblichen Fantasien. Das ist eher emanzipiert.“

Sätze wie "Je mehr du dich unterwirfst, desto größer mein Vergnügen“ hatten Vorwürfe ausgelöst, die unter Pseudonym schreibende Autorin Erika Leonard propagiere frauenfeindliche Ideen. Beim Internethändler Weltbild.de wird der am Montag erschienene Roman mit Warnhinweis verkauft: "Die hier beschriebene Unterwerfung der Frau widerspricht dem Welt- und Menschenbild, von dem wir uns als Buchhändler leiten lassen.“

Schwarzer plädierte hingegen für einen unverkrampften Umgang mit dem Buch. Es biete eine Möglichkeit, "angstfrei und spielerisch“ mit Fantasien umzugehen. Schließlich geschehe im Buch nichts gegen den Willen der Protagonistin.

In den USA waren durch die Lektüre neugierig gewordene Leserinnen teils sogar in Baumärkten auf Suche nach Fesselutensilien gegangen. Frauen seien generell eher bereit, Neues auszuprobieren, sagte die Sprecherin der Beate Uhse AG, Doreen Schink. Noch vor zehn Jahren seien nur etwa zehn Prozent der Kunden ihres Unternehmens Frauen gewesen, heute seien es bis zu 60 Prozent.

Die weibliche Leselust zahlt sich auch in Deutschland aus. Nur wenige Tage nach Veröffentlichung ist "Shades of Grey. Geheimes Verlangen“ laut dem Verlag Goldmann bereits in siebter Auflage mit nun einer Million Exemplaren auf dem Markt. Band zwei "Gefährliche Liebe“ erschient am 3. September, der Abschluss der Trilogie "Befreite Lust“ folgt schon am 29. Oktober. Außerdem wird in Hollywood derzeit an der Verfilmung der Geschichte gearbeitet. Damit erinnert der Erfolg von "Shades Of Grey“ an den Wirbel um die Vampirsaga "Twilight“, die E.L. James ursprünglich zu ihrem Werk inspiriert hatte.