Nuran David Calis' moderner Entwicklungsroman “Der Mond ist unsere Sonne“.
"Solche Typen wie ich glaubten fest daran, dass alle Wahrheit auf der Straße zu finden war" schreibt Nuran David Calis am Ende seines Romans "Der Mond ist unsere Sonne". Calis' Held Alen hat nach dem Tod seines Vaters die Schule geschmissen und arbeitet als Türsteher. Vier Nächte die Woche, in denen er im angesagtesten Club von Bielefeld Zeit hat, das Leben zu beobachten, in denen er sich nach seiner Freundin Flo sehnt, einem Mädchen aus "besseren" Verhältnissen.
Calis' Erstlingsroman lebt von schneller, atemloser Sprache, von heftigen Skizzen, die sich unsentimental und rau Menschen und Situationen widmen. Er spricht die Sprache der Straße und blickt auf die trügerischen Träume der Nicht-Deutschen. Er kennt das, was sie fesselt, das, was sie zusammenhält. Da fühlt sich der Sohn für die Mutter verantwortlich, doch beide sprechen nie zusammen. Sie sind einander fremd, nur ähnlich in ihrer Traurigkeit. Da hält man zu einem Cousin, obwohl man missbilligt, was er treibt. Aber schließlich ist man verwandt. Calis beschreibt keine Klischees, er lässt Alen grübeln, träumen und das Richtige fühlen. Nur schafft es Alen nicht oft genug, es auch durchzusetzen. So ist Calis ein moderner Entwicklungsroman gelungen.
Calis war bisher als Theaterregisseur, als Autor und Regisseur von Hip-Hop-Clips bekannt. Im Thalia Theater hat er 2008 sein Stück, "Einer von uns" inszeniert, das sich mit jungen Menschen beschäftigte, die als verlorene Kinder dieser Gesellschaft gelten. Alen scheint vieles mit der Biografie seines Autors Calis gemeinsam zu haben. Calis, in Bielefeld geboren als Sohn armenisch-jüdischer Einwanderer aus der Türkei, hat selbst als Türsteher gearbeitet, bevor ihn eine Freundin zum Theater brachte. Dort hat er inzwischen viele Preise erhalten.
Nuran David Calis: Der Mond ist unsere Sonne, S. Fischer Verlag, 206 S., 17,95 Euro
Lesung : 23. 9., 21 Uhr, "Cap San Diego", 12Euro