Berlin. Aufgeregter Animationsfilm ohne jede Phantasie: In „Das Geheimnis von La Mancha“ kämpft Don Quixotes Urahn nicht nur gegen Windmühlen.

Die Figur des tollpatschigen Don Quixote, der in Windmühlen Riesen sieht, ist eigentlich eine gute Figur für einen Kinderfilm. Ein Individualist, der für die Freiheit der Fantasie und die Kraft der Freundschaft kämpft. Eigentlich.

Doch der argentinische Regisseur Gonzalo Gutiérrez treibt in „Das Geheimnis von La Mancha“ dem Ritter von der traurigen Gestalt jegliche Magie aus.

„Das Geheimnis von La Mancha“: Ein Angebot an Kinder mit ADHS

In dem Irrglauben, im Publikum säßen nur ADHS-geplagte Kinder, deren Aufmerksamkeit lediglich in der aufgeregten Aneinanderreihung von Actionszenen, Musiknummern, lustigen Tieren und arg klischierten Figuren erregt werden kann, sehen wir Alfonso Quijote, Ururururahn des berühmten Don Quijote, auf Stock und Stein durch tiefe Schluchten und wackelige Holzbrücken jagen.

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An seiner Seite: der gemütliche Pancho Panza und das ach so clevere Haudrauf-Girl Victoria (mit Augenklappe) sowie drei weiße Hasen mit E-Gitarre und Dudelsack, die natürlich nur Alfonso sieht und immer dann für musikalische Unterbrechung sorgen, wenn die Handlung gerade erst Fahrt aufgenommen hat.

„Das Geheimnis von La Mancha“: Von „E.T.“ bis „Shrek“

Eigentlich soll es darin um böse Drillinge mit Sonnenbrillen und Anzügen gehen, die die braven Bewohner von La Mancha des Profits wegen aus ihren Häusern vertreiben wollen. Aber das ist bald irgendwie egal, da der Film sich keine Zeit für eine Entwicklung seiner Figuren nimmt.

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Lieber wird in der Filmgeschichte zitiert – von Steven Spielbergs „E.T.“ über „Shrek“ bis „Excalibur“ – , werden Eltern als spleenige Erfinder eingeführt oder angebliche Freundschaftsprobleme gewälzt. Nur die liebevolle Darstellung der Mancha mit Windmühlen auf kleinen Hügeln versöhnt das Auge. Der Rest ist visueller Stress.

„Das Geheimnis von La Mancha“: Lose Abfolge visueller Reize

„Das Geheimnis von La Mancha“ ist ein gutes Beispiel dafür, wie wenig ein Kinderfilm seinen jungen Zuschauern zutraut. Die lose Abfolge visueller Reize ohne innere Notwendigkeit ist mitnichten aufregend, sondern - die Reaktion der zehnjährigen Testperson, die den Film mit angeschaut hat, bestätigt das - auf Dauer langweilig und ermüdend.

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Filme wie„Der Junge und der Reiher“, „Checker Tobi und die Reise zu den fliegenden Flüssen“ oder der demnächst startende herausragende Animationsfilm „Robot Dreams“, der tatsächlich ohne Dialoge auskommt, holen vielmehr die jungen Zuschauer ab, regen die Fantasie an, erklären die Welt, erzählen allgemeingültige Geschichten von Einsamkeit und Freundschaft - und das Wichtigste: Sie nehmen sich Zeit und Kinder ernst.

„Das Geheimnis von La Mancha“ hat dagegen weder ein Geheimnis, noch Zeit, noch einen Anker, an dem sich Kinder festhalten können. Das ist nicht nur enttäuschend, sondern auch eine Beleidigung der kindlichen Intelligenz.

Dieser Film startet am 1. Mai.

Animationsfilm Argentinien/Deutschland 2023, 87 min., von Gonzalo Gutiérrez