Hamburg. „Keine Geschäfte ohne Menschenrechte“, so der Aufruf auch an Tschentscher. Tibeter bringen Anliegen in Hamburg auf Bühne und Leinwand.

Die chinesischen Banker staunten nicht schlecht, als sich vor der prominent am Reesendamm beheimateten Hamburger Filiale der Bank of China immer mehr Menschen mit Foto- und Videokameras einfanden. Verstohlen schauten einige Bankmitarbeiter durch die Fenster auf die Straße, hin und wieder fotografierte oder filmte jemand zurück. Was die Bankmitarbeiter außer den Journalisten zu sehen bekamen: ein Schauspiel. Genauer gesagt: eine Folterszene aus tibetischer Haft.

Anlässlich der chinesisch-deutschen Regierungskonsultationen protestierte dort am Dienstagmorgen eine Gruppe Tibeter gegen die Menschenrechtsverbrechen der chinesischen Regierung. Darunter, den Gefolterten auf einem sogenannten Tigerstuhl verkörpernd, auch Lhakpa Tsering. Er zeigte eindrücklich, wie die chinesischen Foltermethoden auf tibetischem Boden Tausende inhaftierte brechen sollen.

Protest Hamburg: Tibetische Schauspieler vor der Bank of China

Rote Farbe in seinem Gesicht diente als behelfsmäßiges Kunstblut. Doch die Narben unter seiner Brust sind echte Zeugen tibetischen Widerstands. Tsering ist einer von rund 160 Tibetern, die sich in den vergangenen Jahren um ihrer Freiheit willen selbst anzündeten. In seinem Fall war das 2006, als er nur 23 Jahre alt war. Er überlebte mit schweren Verbrennungen.

Die Kurzinszenierung – eher ein Standbild der Haftbedingungen – organisierte die Regionalgruppe Hamburg der Tibet Initiative Deutschland mit Schauspielern des Tibetan Institute of Performing Arts und des Tibet Theatre. Sie sind momentan auf Europa-Tournee, mit ihrem Theaterstück „Pah-Lak“, das chinesische Unterdrückung und gewaltfreien Widerstand in Tibet zeigt. Es lief noch am selben Abend im Ernst Deutsch Theater und erzählt die Geschichte der buddhistischen Nonne Deshar, die sich gegen chinesische Umerziehungsmaßnahmen wehrt – und am Ende selbst entzündet.

Ebenfalls anwesend war der ehemalige tibetische Gefangene, Mönch und Filmregisseur Golog Jigme. Er verbrachte lange Zeiten der Folter auf dem Tigerstuhl. Seinen Film „Leaving Fear Behind“ zeigt er am Mittwoch im Abaton, inklusive Filmgespräch.

Aufruf an Hamburger Bürgermeister Tschentscher: Leid der Tibeter ernst nehmen

Aus Sicht der Chinesen ist Tibet ein fester Teil der Volksrepublik. Dort ist die eigene Flagge verboten, Zwangsinternate sollen Kindern die tibetische Sprache und Kultur austreiben. Wer sich zum Buddhismus bekennt, Bilder des exilierten geistigen Oberhaupts, des Dalai Lamas, verbreitet oder die tibetische Nationalhymne singt, muss mit Strafen rechnen. Wer rebelliert, landet in grausamer Haft.

Gute Geschäfte mit China dürfen nicht wichtiger sein als Menschenrechte – so das Credo der etwa halbstündigen Veranstaltung. Sowohl Bundeskanzler Olaf Scholz als auch den Ersten Bürgermeister Peter Tschentscher riefen die Anwesenden in einer kleinen Kundgebung namentlich dazu auf, das Leid der Tibeterinnen und Tibeter ernst zu nehmen. Denn neben Taiwan erkennt Deutschland auch Tibet nicht als eigenständiges Land, sondern als Teil Chinas an.