Sauteure Tropfen, Hunderte Aromen, ein Geschmacksduell zwischen Frankreich und Japan: Bei „Drops of God“ wird gesoffen – fast.

Die feinen Unterschiede zeigen sich im Anspruch an die Flüssignahrung. Schnösel besaufen sich mit absurd teuren Weinen. Und wenn sie Connaisseure sind, besaufen sie sich natürlich nicht, sondern runden mit den sehr ausgesuchten, göttlichen Tropfen lukullische Verköstigungen ab. Das Helden-Gespann in der neuen, erstaunlichen Apple-TV-Serie „Drops of God“ („Tropfen Gottes“) trinkt aber praktisch gar nicht: Profis spucken aus.

Wobei Camille Léger (Fleur Geffrier) am Anfang der Geschmack-Gegnerschaft, in die sie sich in „Drops of God“ unverhofft begeben muss, zunächst noch nicht mal das tut. Klarer Fall von kindlichem Alk-Trauma: Camilles Vater drillte sie bereits im Alter von acht Jahren auf Gaumen-Power.

Einmal verfeinerte sie ihren Geschmack nicht mit Häppchen aus dem Garten (wussten Sie, dass zum Beispiel Sellerie beim Wein eine wichtige Aroma-Vergleichsgröße ist?), sondern kippte unbeaufsichtigt ein Glas Rotwein. Anschließend Notaufnahme, Eltern verkracht, Vater weg, jahrzehntelange Aversion gegen Alkohol.

TV-Serie „Drops of God“: Was für ein Gaumenterror!

Dieser nach Japan verzogene Vater Alexandre Léger (Stanley Weber) ist in „Drops of God“ tot, ehe ihn die inzwischen 29-jährige Camille noch einmal sehen kann. Der Alte, ein Wein-Nerd von höchsten Gnaden, hat in seinem letzten Willen einen dreisten letzten Gruß an die entfremdete Tochter hinterlassen: Sie soll sich ihr Erbe verdienen, indem sie ihre Geschmacksnerven zu Höchstleistungen hochtrainiert. Was für ein Gaumenterror!

„Drops of God“: Szene mit Fleur Geffrier.
„Drops of God“: Szene mit Fleur Geffrier. © Apple TV | Fabien Malot

Camille soll gegen den japanischen Top-Sommelier und Önologen Issei Tomine (Tomohisa Yamashita) antreten, um sich das 50-Millionen-Dollar-Erbe – Alexandre Léger besaß den wertvollsten Weinkeller der Welt, 87.000 Flaschen, eine exquisiter als die andere – in einem, nun ja, epischen Wettspucken zu verdienen.

Aber wie gesagt: Zunächst kann sie gar nicht schmecken, nur riechen. Was aber immerhin zu einem nicht geringen Teil zum Erkennen des jeweiligen Tropfens beitragen kann.

Neue Apple-Serie – möglicherweise ein Hit nicht nur für Weintrinker

Für Weintrinker ist diese Serie ein Hit. Für alle anderen möglicherweise auch. Weil „Drops of God“, eine französisch-japanische Koproduktion, das auf mehrere Prüfungen angelegte Duell zwischen Légers leiblicher Tochter und seinem önologischen Ziehsohn dramaturgisch geschickt in Szene setzt.

Es kann tatsächlich fesselnd sein, Menschen dabei zuzusehen, wie sie Gläser schwenken und Flüssigkeit prüfend im Mund bewegen, um dann mit ernstem Blick beinah lächerlich exakt das Getränk beim Namen zu nennen: „Côtes de Francs, Château Le Puy, Cuvée Barthélemy 2017.“

Die abstinente Camille muss das Mundwerk der Weinkennerin erst lernen. Wie sie das tut, ist Gegenstand der ersten drei Folgen, die bereits auf Apple TV abrufbar sind. Ein Trainingslager in der französischen Heimat, wo sie auf einen Jugendfreund mit Reben-Expertise trifft, der jetzt natürlich ultragut aussieht – „Drops of God“ lebt Plot-mäßig nicht vom Wein allein –, bringt sie in Form. Die Aromen Farn, Moos, Pfirsich, Grafit, Kakao, Knollensellerie und Mirabelle hat sie bald drauf. Und alle anderen auch.

Die Szenenwechsel – die Skyline in Tokio, die Weinberge in Frankreich – weiten die sonst oft auf Weingläser verengte Perspektive. Optisch macht „Drops of God“ durchaus etwas her. Wenn sich die Serie ihren Protagonisten nähert, ist sie jedoch etwas erwartbar.

„Drops of God“ – die Adaption eines japanischen Comics

Issei Tomine beispielsweise wird von familiären Konflikten gelähmt und repräsentiert den Sohn aus allerbestem Hause, der den ihm vorbestimmten Weg im Familienunternehmen ausschlägt. Ein Affront in der autoritär geprägten japanischen Gesellschaft.

Nach dem grandiosen Epos „Pachinko“, das in sämtlichen Kritikerlisten im vergangenen Jahr weit vorne lag, ist „Drops of God“ die nächste Apple-Serie, in der der globale Westen und Asien aufeinandertreffen. Die Weinpassion ist die Brücke zwischen beiden Welten.

„Drops of God“ ist die Adaption eines Mangas und jenseits herkömmlicher Drama-Motive aufgrund seines Spezialisten-Themas eine Besonderheit. Sagen wir so: Unterhaltsamer kann man vermutlich keine Kenntnisse über die Herstellung von Wein, Rebsorten, Aromen, über die Jobausübung von Sommeliers und den weltweiten Weinhandel erlangen.

„Drops of God“ Apple TV, jeden Freitag eine neue Folge