Hamburg. Zum Start sollen zunächst zwei Häuser dabei sein. Welche Kinos folgen könnten, was der besondere Clou ist und wie viel das Abo kostet.
Die Idee ist – wie eigentlich alle guten Ideen – verblüffend naheliegend: Musikliebhaber nutzen Konzertabos, für Theaterfreunde gibt es (zum Beispiel) Premieren-Abos. Und die Kulturhäuser haben damit ein verlässliches Publikum. Win-win-Situation. Und im Kino? Da sind Abonnements bisher eher die Ausnahme.
Die UCI-Kinowelten bieten aktuell eine „Unlimited Card“ für 23,40 im Monat an, mit der alle Filme des regulären Programms an allen Tagen in allen UCI Kinos in Deutschland besucht werden können. Die Cinemaxx-Gruppe setzt auf eine „Silvercard“ (249 Euro/Jahr) und eine „Goldcard“ (399 Euro/Jahr). Beide Abo-Modelle werden zwar derzeit nicht mehr aktiv beworben, aber an den Kinokassen sind die Karten weiterhin zu haben.
Was das bundesweit gültige Kino-Abo kostet
Nun gehen deutschlandweit die Arthouse-Kinos in die Offensive – mit einem Ableger des in den Niederlanden bereits seit 15 Jahren erfolgreichen „Cineville“-Konzepts. In Hamburg sind zunächst das Abaton und das Zeise im Boot, andere Kinos könnten folgen.
Für einen monatlichen Preis von vermutlich 22 Euro sollen Abonnentinnen und Abonnenten schon bald die Möglichkeit erhalten, bundesweit in allen teilnehmenden Kinos so viele Filme wie gewünscht zu sehen.
Wer ein Abo abgeschlossen hat, kann seinen Platz in der gewünschten Vorstellung online über die „Cineville“-Website buchen. Teil des Abonnements sollen alle regulären Film-Vorstellungen sein, ausgenommen sind in der Regel Sonderveranstaltungen wie Konzerte und Lesungen.
Kino-Abo startet in Hamburg und drei weiteren Städten
Geplant ist, dass im Spätsommer eine Projektphase beginnt, bei der dieses Abo-Modell zunächst in Hamburg, Köln, Nürnberg und Freiburg getestet wird. Sobald „das System läuft“, soll diese Projektphase beendet werden: „Wir sind optimistisch, dass wir Cineville zum Weihnachtsgeschäft in einem großen Teil der Arthouse-Kinos in Deutschland anbieten können“, sagt Abaton-Geschäftsführer Felix Grassmann.
Das Verkaufen von Abos ist dabei nicht das einzige Angebot: Die Plattform „Cineville“ soll auch eine gemeinsame Bewerbung gerade kleiner, unabhängiger Filme ermöglichen, die keine entscheidenden Marketing-Ressourcen haben und deshalb oft im Schatten stehen.
Zeise vom Nutzwert des Kino-Abos überzeugt
Das lohnt sich, glaubt Matthias Elwardt, der in den Ottenser Zeise-Kinos ein ausgesuchtes Arthouse-Programm anbietet: „Der günstige monatliche Abo-Preis motiviert das Publikum, mehr zu experimentieren und sich auf ungewöhnliche Angebote abseits des Mainstream einzulassen – die perfekte Ergänzung also zu unserer engagierten Programmgestaltung.“ Oft lädt Elwardt zusätzlich Gäste zum Bühnengespräch in den Kinosaal ein.
Mittelfristig, so die Vertreter des in Gründung befindlichen Vereins AG Cineville Deutschland, solle das Modell sich selbst tragen, für die Anlaufphase, in der Startkapital benötigt wird, werden Förderanträge unter anderem bei den Filmförderanstalten der Länder sowie beim Verbund Europa Cinemas gestellt, dem in Hamburg auch das Abaton und das Zeise angehören.
Abo-Modell auch für Filmverleiher interessant
Zu rechnen ist damit, dass die teilnehmenden Kinos zunächst einen leichten Verlust machen, da nach den in den Niederlanden gemachten Erfahrungen Neukunden ihr Abo anfangs überproportional nutzen. Später dürfte es sich dann auf zwei bis drei Vorstellungen pro Monat einpendeln.
Im Zeise beispielsweise kostet der Eintritt für eine reguläre Vorstellung 9,50 Euro, bei drei besuchten Filmvorführungen im Monat gäbe es bereits eine Ersparnis. Womit zugleich der Wunsch entstehen könnte, noch einen (und noch einen und noch einen) Film anzusehen. Was das Modell wiederum auch für die Verleiher interessant macht, die direkt mit den Kinos abrechnen.
Weitere Hamburger Kinos Teil des Abo-Modells?
Interessant ist die Frage, welche weiteren Kinos in Hamburg dabei sein könnten. Derzeit heißt es dazu, die Beteiligung von Kinos, die ihren Programmschwerpunkt nicht im Arthouse haben, sei „nicht vorgesehen“. Das betreffe sowohl die Multiplexe als auch kleine Kinobetriebe, „die überwiegend Mainstream-Filme zeigen“.
In Österreich, wo dieses Abomodell bereits gestartet ist, seien alle Mitglieder des Netzwerks Europa Cinema zugelassen. Sollte dies auch in Deutschland die Zugangsberechtigung sein, so kämen in Hamburg neben Abaton und Zeise noch das 3001, die Koralle und die Passage, das Elbe, Blankeneser, Studio, Holi, Alabama und Magazin in Frage.
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Doch während einzelne Betreiber erst einmal die Startphase beobachten wollen, dürfte das Holi als Teil der Multiplex-Gruppe Cinemaxx außen vor sein. Das 3001 wiederum verfügt nicht über ein elektronisches Kassensystem, das wegen der Abrechnung Voraussetzung für die Teilnahme ist.
Auch wenn es also in den kommenden Monaten noch einiges zu klären gibt, sind die Organisatoren sicher: „Cineville verwandelt jede Stadt in ein Filmfestival.“ Wenn sich das Publikum, statt zu Hause zu netflixen, im Kino zu Hause fühlt.