Hamburg. Der Autor und Comedian Johannes Floehr gewinnt beim Finale des größten deutschen Kleinkunst-Wettbewerbs gleich zwei Preise.

Dreimal bereits blieb der Hamburger Comedy-Pokal in seiner zwei Jahrzehnte langen Geschichte in der Hansestadt, zuletzt 2018 dank der Siegerin Helene Bockhorst. Dass der Gewinner des ersten Preises seinen Pokal unterm Arm auf St. Pauli nach Hause tragen konnte, ist jedoch ein Novum. So geschehen bei Johannes Floehr.

Der in der Poetry-Szene versierte Autor und Comedian, altersmäßig laut eigener Aussage „so zwischen 20 und 30“, stammt eigentlich aus Krefeld und lebt erst seit zwei Jahren auf dem Kiez. Seinen ersten großen Auftritt auf St. Pauli nutzte er – scherzhaft gekonnt – nicht nur, um sich im Finale des größten deutschen Kleinkunst-Wettbewerbs im ausverkauften Schmidts Tivoli mal bei seinen Nachbarn bekannt zu machen.

Schmidts Tivoli: St. Paulianer gewinnt auch Publikumspreis

Mit seinen „vier Kilo Witze“ im (Hand-)Gepäck gewann er am Montagabend auch den mit 3000 Euro dotierten Hauptpreis der Jury und den Publikumspreis (500 Euro). „Das Geld bleibt in der Stadt“, kommentierte Floehr erfreut.

Dafür, dass der doppelte Triumph kein plumpes Heimurteil war, hatte der 30-Jährige mit Auszügen seines ersten Soloprogramms „Ich bin genau mein Humor“ gesorgt. Mit feiner Selbstironie und hoher Pointendichte spannte Floehr seinen Bogen vom Alltäglichen zum Politischen, von der AfD bis zur Antifa. Und ob er nicht George Clooney sei oder Ed Sheeran, werde er häufiger gefragt, gaukelte der bebrillte Rotbart Floehr dem Publikum vor. Und ließ wie zum Beweis zwei Fotos von sich mit einer Bildunterschrift „Ed Sheeran“ an die Leinwand werfen. Auch von Floehr aufgespießte groteske Wortwechsel aus den sogenannten sozialen Netzwerken sprachen für sich. „Wir sehen uns beim Bäcker“, sagt Floehr zum Schluss seines runden Vortrags.

Schmidts Tivoli: Comedy-Pokal – dritter Platz für Hannoveraner

Am nächsten kam dem Wahlhamburger im Finale unter sieben Startern Benedikt Mittmannsgruber (26): Der österreichische Kabarettist aus Linz war in der Hauptrunde des viertägigen Wettbewerbs in der Bergedorfer Lola gegen Floehr ausgeschieden und hatte sich erst in der Verlierer-Show „2. Chance“ fürs Finale qualifiziert. Den Typ Verlierer gab Mittmannsgruber in seinem bewusst monoton-reduzierten Tonfall auch bei seinem Vortrag im Norweger-Pullover.

Dieser junge Mann zieht beim Sex mit seiner Freundin selbst gegen den gar nicht anwesenden Enrique Iglesias den Kürzeren, verirrt sich vor Eifersucht in Barcelona und entdeckt nach Erfahrungen in Asien mit dem Buddhismus und dem Thema tierische Wiedergeburt in Wien in einer Klo-Schüssel Jörg Haider als „Albino-Python“ wieder. 2000 Euro frisches Reisegeld erhielt Mittmannsgruber für Platz zwei – kürzlich hatte er mit einem Jahr Verspätung das Passauer Scharrichterbeil gewonnen. Als Dritter des Hamburger Comedy-Pokals mit 1000 Euro bedacht wurden Valter Rado aus Venedig und Tim Schaller (Hannover). Das Duo setzte mit seiner in einem abenteuerlichen Skiausflug gipfelnden Clownerie und visueller Comedy einen Kontrapunkt zu dem vielen Wortanteilen.

Schmidts Tivoli: Hamburger Comedy-Pokal pausiert 2023

Derlei im durchaus vielfältigen Finale auf die maximal erlaubten zwölf Minuten zu komprimieren war für die bayerischen Kabarettistinnen Kathi Wolf und Teresa Reichl offenbar eine Schwierigkeit – beide hatten sich zuvor in Hauptrunde und Halbfinale mit je 45 Minuten Programm ins Finale gespielt. Dort blieben sie ebenso unprämiert wie die Berliner Musik-Comedienne Alice Köfer und Stand-up-Comedian Der Storb (Münster.)

Die 20. Auflage des Hamburger Comedy-Pokals, für die sich 83 Künstlerinnen aus Deutschland und Österreich beworben hatten, war mit 20 Startern von Ende Januar coronabedingt auf das zweiten Juli-Wochenende verschoben worden. Anders als noch beim Wettbewerb im Januar 2020 waren die Hauptrunden und Halbfinals in den zehn beteiligten Stadtteilkulturzentren meist nicht ausverkauft, „die Weggereisten fehlten“, sagte Chef-Moderator Sebastian Schnoy über den diesjährigen „Hamburger Ferien-Pokal“. Wie auch die Pokal-Veranstalter plädierte er auf der Bühne für den Besuch und Erhalt der Theater „mit den Stars von morgen“.

So oder wird der Hamburger Comedy-Pokal 2023 pausieren – die Zeit zur Planung und Durchführung wären für alle Beteiligten zu knapp. Die 21. Auflage soll im Januar 2024 steigen. Wichtige Voraussetzung: Der langjährige Hauptsponsor Saga bleibt dabei.