Hamburg. Autor und Schauspieler Heiko Wohlgemuth führt bei der Musikkomödie „Die Königs schenken nach!“ auch Regie. Uraufführung ist Donnerstag.
Die Kulisse steht schon – Heiko Wohlgemuth sitzt noch. Und zwar im Zuschauerraum zwischen Corny Littmann und Martin Lingnau. Über das Saal-Mikrofon gibt Wohlgemuth bei einer kleinen Kostprobe Anweisungen an die Schauspielerinnen und Schauspieler auf der Bühne. „Beim letzten Mal ging’s um Kohle, diesmal geht’s ums nackte Überleben“, kommentiert Wohlgemuth für alle hörbar eine Szene, in der es für die Protagonisten bedrohlich und fürs geneigte Publikum amüsant zu werden verspricht.
„Die Königs“ sind wieder da. Jene laute, aber liebenswerte Sippe aus St. Pauli, die 2013 in die Öffentlichkeit oder vielmehr „ins Souterrain des Lebens“ trat, um im Schmidt Theater als „Die Königs vom Kiez“ zum Dauerbrenner zu avancieren. Mehr als 850-mal wurde die Musical-Komödie bisher am Spielbudenplatz aufgeführt. Deshalb bezeichnet Hausherr Littmann den Komponisten Lingnau und den Texter Wohlgemuth gern „als erfolgreichste deutschen Musical-Autoren“. Und so war es nur eine Frage der Zeit, bis sich die beiden Kreativen, bereits (mit-)verantwortlich für weitere Schmidt- und Tivoli-Hits wie „Heiße Ecke“, „Villa Sonnenschein“, „Der kleine Störtebeker“ oder jüngst „Der achtsame Tiger“, eine Fortsetzung des Stücks haben einfallen lassen.
Heiko Wohlgemuth führt erstmals bei einer großen Hausproduktion Regie
„Die Königs schenken nach!“ – Uraufführung ist an diesem Donnerstag im Schmidt Theater - konnte während der Corona-Zwangspausen reifen wie ein guter Wein (obwohl hier fast nur Bier fließt). Gilt im gewissen Sinn auch für Heiko Wohlgemuth: Nun hält er die Fäden in der Hand, erstmals führt er bei einer großen Hausproduktion Regie. Seine Inszenierungen einer Folge der früheren Kiez-Soap „Pension Schmidt“ zur Neueröffnung des Theaters 2005 und die des Zwei-Personen-Stücks „Das Geheimnis der Irma Vep“ liegen lange zurück. „Das war Trash auf höchstem Niveau“, erinnert sich Wohlgemuth schmunzelnd an die Arbeit mit Littmann und dessen 2019 gestorbenen Schauspielerkollegen Bernhard Hofmann.
Der gebürtige Ostfriese selbst, der nach seiner Schauspielausbildung in Hamburg Ende der 1990er-Jahre den Weg zum Schmidt und zum Tivoli fand, ist bis heute auf beiden Bühnen zu erleben, entweder als Käpt’n König oder als Lottofee in „Die Königs vom Kiez“ oder in diversen Rollen im Klassiker „Heiße Ecke“. „Ich bin ein Hüpfer, ein fester Springer, beschreibt Wohlgemuth diesen Teil seiner Tätigkeit. Abends spielen, tagsüber proben, Regieführen sowie Texten - ganz schön viel für einen 49-Jährigen, der noch dazu regelmäßig zwischen Hamburg und Klagenfurt in Kärnten zur Partnerin und den beiden Kindern pendelt.
Wohlgemuth spricht von großem Vertrauensbeweis
Doch Wohlgemuth ist bei all dem Stress keiner für die Routine. „Für mich war schon immer das Neue interessant“, kommentiert er die Rolle des Regisseurs. „Die Frage war nicht ob, sondern nur, wie und wann Heiko die Regie übernimmt“, sagt Corny Littmann in einer Pause an seiner E-Zigarette ziehend. Er habe als Spiritus Rector nebenan im kleineren Schmidtchen durchaus mal neue Regisseurinnen und Regisseure ausprobiert, doch denen fehlte der „typische Schmidt-Humor“.
Und so gab Littmann, der noch den ersten Teil von „Die Königs“ inszeniert hatte, dem Wunsch Wohlgemuths nach, obwohl er als Oberhaupt der Schmidt-Familie anfangs Bedenken hatte, dass der Regisseur und Autor in Personalunion keine Kürzungen und Änderungen in der Stückfassung zulassen könne. Nach wenigen Wochen Probenarbeit waren Littmanns Zweifel zerstreut. Und Wohlgemuth meint: „Corny hatte schon immer ein guten Blick auf die Dramaturgie. Dass ich das hier jetzt inszenieren darf, ist für mich ein großer Vertrauensbeweis.“
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Angst hat Wohlgemuth nur, „wenn es zu gefällig wird"
Heiko Wohlgemuth empfindet sich auch als Regisseur wie ein Mitspieler: „Ich funktioniere am besten im Team, ich übernehme durchaus gern Ratschläge von anderen.“ Dass die von ihm und seinem fast zwei Jahrzehnte lang eng verbunden Co-Autor Martin Lingnau entwickelten echten Typen in der Premierenbesetzung wiederum von Götz Fuhrmann (als Käpt’n König), Carolin Spieß (als liebestoller Nachbarin Berta), Lisa Huk (als Tochter) sowie Choreograf Benjamin Zobrys (als Zwillingsbrüder-Paar) gespielt und gesungen werden, kommt Wohlgemuth zupass. Der Hauptunterschied jetzt? „Ich muss alles koordinieren, muss sehen, dass man die Ruhe behält“, hat er als Regisseur erkannt. Weder Hampelmann noch großer Zampano also.
„Ich sehe mich wie ein Kunstlehrer, der immer erst mal sagt: ,Nun macht mal schön!’“ Angst habe er nur, „wenn es zu gefällig wird“. Ansonsten pflegt Wohlgemuth das Schmidt-immanente Motto: „Es braucht hier keinen Druck, es braucht eine gewisse Frechheit.“ Dass dies bei allem Spaß an der Arbeit verdammt anstrengend sein kann, lässt sich an den Ringen unter Wohlgemuths Augen ablesen.
„Die Königs schenken nach!“ Uraufführung Do 2.6., 19.30, bis 31.7., „Königs im Doppelpack: Die volle Dröhnung“ Sa 30.7., 15.00 und 20.00, Schmidt Theater (U St. Pauli), Spielbudenplatz 24/25, Karten ab 27,30 T. 31 77 88 99; www.tivoli.de