Hamburg. Hannah Ross beschreibt, wie Frauen auf Fahrrädern die Welt veränderten – Richard J. Evans hingegen betrachtet das historische Hamburg.

Eines der gründlichsten historischen Bücher über Hamburg stammt von einem Engländer: Vor knapp 30 Jahren erschien Richard J. Evans große Studie „Tod in Hamburg. Stadt, Gesellschaft und Politik in den Cholera-Jahren 1830–1910“. Sie zeichnete ein genaues Bild von der Sozialstruktur und den hygienischen Zuständen einer sich fortschrittlich dünkenden Stadt. Fast 10.000 Menschen starben in der Epidemie von 1892, unter anderem, weil die Hafenstadt ein Trinkwassersystem hatte, das jeder Beschreibung spottete. Der Bakteriologe Robert Koch kam aus Berlin, um das Schlimmste zu verhindern.

"Tod in Hamburg" von Richard J Evans. © (c) Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Muenchen

Es überrascht nicht, dass das Buch nun in einer Neuauflage (Pantheon-Verlag, 20 Euro) erscheint: Bei allen Unterschieden – Hamburg war die einzige westeuropäische Stadt mit einem solch kapitalen Cholera-Ausbruch – gibt es Ähnlichkeiten mit der pandemischen Gegenwart. Koch verhängte einen Lockdown. Und wie Evans im Vorwort schreibt, gab es auch im Hamburg des ausgehenden 19. Jahrhunderts den Antagonismus von Wirtschaftsinteressen und Gesellschaftsschutz.

Und bei der Cholera war es wie bei Covid-19: Wer reich war, lebte weniger riskant. Robert Koch sagte: „Ich habe noch nie solche ungesunden Wohnungen, Pesthöhlen und Brutstätten für jeden Ansteckungskeim angetroffen wie in den sogenannten Gängevierteln.“ Die Armenquartiere wurden daher nach der Epidemie modernisiert oder abgerissen.

Buchtipp: Ein Buch über mutige Pionierinnen

„Revolutions. Wie Frauen auf dem Fahrrad die Welt veränderten“ von Hannah Ross.
„Revolutions. Wie Frauen auf dem Fahrrad die Welt veränderten“ von Hannah Ross. © Mairisch Verlag

„Auf dem Fahrrad konnten sie ihre Welt vergrößern“ – diesen schönen Satz schreibt die englische Autorin Hannah Ross in ihrem Buch „Revolutions. Wie Frauen auf dem Fahrrad die Welt veränderten“ (Mairisch, 24 Euro) über die Pionierinnen im 19. Jahrhundert, die sich gegen männliche Anfeindungen aufs Rad setzten. Wählen durften sie nicht ohne Weiteres in Großbritannien und den USA, jenen Ländern, die Ross hauptsächlich in den Blick nimmt. Aber ab 1887 gab es das Damenrad, auf dem konnten sie Freiheit atmen. Ross erzählt, wie die Einheit Frau/Fahrrad persönliche Erfolgsgeschichten schrieb oder in die Gesellschaftsgeschichte eingriff.

Frauen, die für mehr politische Teilhabe eintraten, demonstrierten unter der Mithilfe von Pedalkraft. Simone de Beauvoir fuhr im besetzten Paris Fahrrad, Juliana Buhring radelte einmal um die Welt. Hannah Ross, begeisterte Pedaleurin, erklärt unterhaltsam, warum Mobilität ein Symbol für Gleichberechtigung sein kann. Und schreibt, ganz geschlechtsunabhängig, auch davon, dass Radfahren dabei hilft, unseren Planeten zu retten.