Hamburg. Rammstein, Deep Purple, Madonna, U2 und viele andere beziehen sehr deutlich Stellung. Es gibt aber auch irritierende Aussagen.

In den vergangenen Tagen war viel die Rede von russischen Künstlerinnen und Künstlern, die sich zu Wladimir Putins Angriffskrieg äußern – oder eben auch nicht. Von Dirigent Valery Gergiev, dem eine Unterstützung des Aggressors vorgeworfen wird. Von Anna Netrebko, die sich nach Meinung vieler nicht ausreichend abgrenzt, aber auch von klaren Putin-Gegnern wie Kirill Petrenko, Chefdirigent der Berliner Philharmoniker, oder Pianist Evgeny Kissin, die sehr deutliche Worte gefunden haben. Doch wie sieht es eigentlich unter westlichen Rock- und Popmusikern mit großer Fanbasis in Russland und der Ukraine aus?

Iron Maiden hat ein Eigentor geschossen

Ungemein angesagt ist dort etwa die Heavy-Metal-Legende Iron Maiden. Deren Kopf, Steve Harris, ist ein fanatischer Fußballfan. Seit 50 Jahren unterstützt er den Verein West Ham United, es gibt sogar Trikots der „Hammers“ mit Maiden-Aufdruck. Grundsätzlich dürfte der Brite sich mit gefeierten Last-Minute-Siegen ebenso auskennen wie mit ärgerlichen Eigentoren – dennoch ist seiner Band jetzt ein kapitaler Fehlschuss unterlaufen.

Auf Instagram und Facebook postete Iron Maiden, mit großem Bedauern müsse man „wegen der aktuellen Situation“ geplante Konzerte in Kiew und Moskau absagen. Kartenbesitzer würden aber natürlich demnächst wegen einer Kaufpreisrückerstattung kontaktiert. Ende des Statements. „Dies ist keine ,Situation‘, dies ist ein Krieg gegen die Ukraine“ war noch einer der milderen von vielen tausend Kommentaren.

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„Seelenlose multinationale Konzerne zeigen mehr Empathie als ihr“ ein anderer. Mancher mutmaßte, Iron Maiden wolle es sich wohl auf Dauer nicht mit der großen russischen Fangemeinde verscherzen und beziehe deshalb nicht deutlich Stellung. „Ihr solltet euch schämen“, so ein häufiger Kommentar. Ähnlich erwischte es die deutsche Metal-Band Running Wild, die auf Facebook zwar schreibt, Krieg sei keine Lösung, zur Enttäuschung vieler Fans aber den Aggressor nicht benennt.

Ed Sheeran, Adele und Lady Gaga äußern sich nicht offiziell

Tatsächlich sind die Reaktionen auf die aktuellen Geschehnisse sehr divers. Viele, darunter Ed Sheeran, Adele, ABBA und Lady Gaga, äußern sich auf ihren Social-Media-Seiten gar nicht, haben aber teilweise seit Beginn der Kriegshandlungen auch nichts mehr gepostet beziehungsweise von ihren Agenturen posten lassen.

Andere werben für Hilfsorganisationen, die versuchen, das Leid der ukrai­nischen Bevölkerung zu lindern. So ruft P!nk dazu auf, Unicef zu unterstützen, und Metallica erklärt, ihre Stiftung All Within My Hands habe 100.000 US-Dollar an die Organisation World Central Kitchen gespendet, die ukrainische Geflüchtete mit Nahrungsmitteln versorgt.

Madonna und Elton John finden klare Worte für Putins Krieg

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Sehr deutlich bezieht Madonna Stellung, die unter den Hashtags #stopputin und #supportukraine schreibt: „Putin setzt seine sinnlosen und erschreckenden Attacken auf die Ukraine fort! Unschuldige werden jeden Tag getötet und verletzt! Wir beten für euch.“ Ähnliches teilt Elton John mit. Unter einem Foto der ukrainischen Flagge heißt es: „Unsere Herzen sind bei den Menschen in der Ukraine, die es nicht verdienen, in diesem Albtraum leben zu müssen.“

Deutlich auch die Worte von U2, die insbesondere den ukrainischen Widerstand hervorheben. „Die Ukrainer zeigen dem Rest der Welt, wie Freiheit aussieht, wie sich Freiheit anfühlt und, am allerwichtigsten, wie Freiheit handelt.“ Die Hoffnung von Bono und Co.: „Der brutale Typ aus der Nachbarschaft wird sich nicht durchsetzen.“

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Rammstein gibt in Kommentar in vier Sprachen ab

Gleich in vier Sprachen, Deutsch, Englisch, Russisch, Ukrai­nisch, gibt Rammstein auf Facebook ein Statement ab. Das Bandlogo liegt über einer blau-gelben Flagge, darunter steht ganz unmissverständlich: „Rammstein möchten ihre Unterstützung für das ukrainische Volk zum Ausdruck bringen, das sich gegen den schockierenden Angriff der russischen Regierung wehrt. Wir empfinden in diesem Moment besonders Trauer über das Leid der Ukrainer.“

Jedes Mitglied der Band habe unterschiedliche Erfahrungen mit den beiden Ländern; alle Musiker hätten Freunde, Kollegen, Partner und Fans in der Ukraine und in Russland. „Uns ist die Verzweiflung bewusst, die viele russische Fans angesichts der Handlungen ihrer Regierung empfinden, und wir möchten an die Menschlichkeit erinnern, die russische und ukrainische Bürger teilen.“ Dafür gibt es bisher an die 60.000 Likes und Tausende unterstützende Kommentare der Fans, die Rammsteins klare Kante loben.

Möglich, dass Deep Purple nie mehr in Russland spielen kann

Noch ausführlicher ist der Beitrag von Deep Purple. Jedes Bandmitglied hat ein eigenes Statement verfasst, und so heißt es etwa bei Bassist Roger Glover: „Wir sind eine unpolitische Band, aber in diesen Tagen ist alles anders. Wir verurteilen Putins Armee für ihre Grausamkeit gegenüber unschuldigen Männern, Frauen und Kindern in der Ukraine.“ Sänger Ian Gillan ergänzt. „Wenn das, was wir hier aussprechen, dazu führt, dass wir unsere russischen Freunde nie mehr wiedersehen, dann ist das ein großes Opfer. Aber nichts im Vergleich dazu, unsere ukrainischen Freunde nie mehr zu sehen, die getötet werden, um die psychopathischen Ambitionen des russischen Führers zu befriedigen.“ Gut möglich, dass es nach solch klaren Sätzen für Deep Purple tatsächlich keine Konzertzukunft mehr in Russland gibt.

Wird Iron Maiden dank Wischiwaschi-Statement irgendwann diese Lücke füllen und mit Billigung der aktuellen russischen Regierung wieder in den großen Arenen von Moskau und Sankt Petersburg auftreten? Man kann es sich eigentlich nicht vorstellen. Schließlich beginnt diese Band seit Jahrzehnten jedes Konzert mit Ausschnitten der berühmten Mobilisierungsrede von Winston Churchill: „We shall fight on the
beaches ...“ Mit der rief der britische Premierminister im Juni 1940 zum bedingungslosen Widerstand gegen den Angriffskrieg Hitler-Deutschlands auf. Andererseits: Ob Steve Harris und Co. die traurige Ironie verstehen? Nicht nur Maiden-Fans sind da unsicher.