Hamburg. Das berühmte Versdrama „Cyrano de Bergerac“ läuft ab dem 3. März als Musical im Kino. In der Titelrolle: Ein „Game of Thrones“-Star.

Es ist die Geschichte des wohl berühmtesten aller Ghostwriter. Und sie ist sattsam bekannt. Denn Edmond Ro­stands Versdrama „Cyrano de Bergerac“ aus dem Jahr 1897 wurde schon mehrfach verfilmt, am bekanntesten wohl 1990 mit Gerard Depardieu. All diese Adaptionen kranken indes daran, dass es dabei immer nur um eine Nase geht. Eine allzu große, weshalb der derart Entstellte von allen verspottet wird. Das ganze Drama hängt letztlich von einem übertriebenen Accessoire der Maskenbildner ab. Was oft unfreiwillig komisch ist. Aber nicht eben emotionale Tiefe schafft. Schon gar nicht Authentizität.

Ganz anders, erfrischend neu und gar nicht mehr komisch wirkt der Stoff dagegen, wenn man die Hauptfigur gegen den Strich besetzt. Wie mit Peter Dinklage, dem kleinwüchsigen Schauspieler, der durch die Serie „Game of Thrones“ als Tyrion Lannister zum Star wurde – und da seine Rolle mit einer Mischung aus Verzweiflung, Trotz und Zynismus spielte.

Kino: „Cyrano de Bergerac“ mit Peter Dinklage kommt auf die Leinwand

So spielt er nun auch seinen Cyrano, der seiner Cousine Roxanne (Haley Bennett) seine Liebe nicht zu gestehen wagt. Denn die ist schön und wird von allen umworben. Umso tragischer, wenn sie ihre Liebe gesteht, aber nicht zu ihm, sondern zu einem hübschen neuen Re­kruten seines Regiments. Auch dieser Christian (Kelvin Harrison Jr.) liebt Roxane und bittet Cyrano, ihm zu helfen. Und lässt sich, weil er nicht mit Worten umgehen kann, romantische Liebesbriefe von ihm schreiben. Das ist wahre Hingabe: Wenn man auf seine Liebe verzichtet, um diese glücklich zu machen. Und tiefe Tragik: Wenn man dabei seine eigenen Gefühle ausdrückt, aber einem anderen in den Mund schiebt.

Diese Neuinterpretation ist Erica Schmidt, Dinklages Ehefrau, zu verdanken. Die Autorin und Theaterregisseurin hat das Stück zum Musical adaptiert, und sie hat es mit ihrem Mann in der Titelrolle 2018 uraufgeführt. Joe Wright hat das nun verfilmt. Mit Dinklage. Und Erica Schmidt schrieb das Drehbuch.

Joe Wright („Abbitte“, „Anna Karenina“) ist bekannt für Filme, in denen selbstbewusste junge Frauen sich nicht fremdbestimmen lassen, nicht von der Gesellschaft und schon gar nicht von Männern. In diese Galerie frühemanzipierter Frauen passt Roxanne: eine, die aus verarmtem Adel stammt und mit einem reichen, despotischen Mann verheiratet werden soll. Die sich aber lieber einem einfachen Kadetten hingibt und betont: „Ich lass mich nicht retten! Ich bin nicht in Not.“

Auf Sizilien opulent in Szene gesetzt und toll ausgestattet

Das Genre Musical taugt hier gut, weil Cyrano seine heimlichen Gefühle nicht in künstlichen Selbstmonologen gestehen muss, sondern in Solo-Songs. Die Liebesduette aber werden zu dritt gesungen: immer mit dem Mittler, dem Souf­fleur an der Seite. Wright hat das Stück opulent verfilmt, in der sizilianischen Barockstadt Noto, aber auch der großartigen Landschaft rund um den Ätna. Zugleich betont er die Theaterherkunft des Stoffs mit einer bukolischen Ausstattung. Dass sein Christian von einem Afro­amerikaner gespielt wird, gibt diesem im 17. Jahrhundert spielenden Drama um Standes- und Klassenbewusstsein noch eine zusätzliche Note.

In der deutschen Synchronfassung verwundert es ein wenig, wenn die Figuren teils in altertümelnden Reimen sprechen. Dafür gelingt der Übergang vom Sprechen in den Gesang recht fließend.

„Cyrano“: Kelvin Harrison Jr. singt mit schöner, kräftiger Stimme

Eine eigentlich rundum gelungene Verfilmung. Das Genre Filmmusical wird ja in letzter Zeit wieder oft bemüht, doch nicht mal Spielbergs furiose Neuversion der „West Side Story“ war ein großer Kassenerfolg. Freilich wird auch „Cyrano“ dieses Eis nicht brechen. Denn unter einem Makel leidet der Film doch. So groß Dinklage als Darsteller ist, als Sänger ist er es nicht. Ganz im Gegensatz zu Kelvin Harrison Jr. Der singt seinen jugendlichen Liebhaber mit schöner, kräftiger Stimme. Dass ihm ein anderer mit weniger Sangestalenten souffliert, konterkariert die Geschichte.

„Cyrano“ 124 Min., ab 12 J., läuft ab 3.3. u. a. im Cinemaxx Dammtor, UCI Othmarschen, UCI Wandsbek