Hamburg. Nur am Steindamm kann man in Hamburg aktuelle Kinofilme wie Paul Thomas Andersons Coming-of-Age-Film im Breitbildformat sehen.

Wenn Paul Thomas Andersons Coming-of-Age-Film „Licorice Pizza“ an diesem Donnerstag in die Kinos kommt, lohnt sich für Kino-Enthusiasten womöglich der Weg zum Steindamm. Das dort gelegene Savoy hat nicht nur eine große Leinwand, bequeme Sitze und den Film im Original – das Kino kann auch etwas anbieten, was es sonst in Hamburger Lichtspielhäusern nirgendwo mehr gibt: die Projektion von 70-Millimeter-Filmen.

Vor acht Jahren haben die Hamburger Kinos auf die digitale Projektion umgestellt – die Filme kommen von der Festplatte. Vorher waren sie im Format 35 Millimeter auf Spulen gewickelt. Die 70-Millimeter-Filme haben eine kuriose Geschichte hinter sich: Erste Filme wurden schon Ende des 19. Jahrhunderts so gedreht, bevor das kleinere Format zum Standard wurde. Als 1897 Weltmeister „Gentleman“ Jim Corbett gegen seinen britischen Herausforderer Bob Fitzsimmons boxte, wurde der Kampf im großen Format eingefangen, weil man so den ganzen Boxring präsentieren konnte.

Savoy in Hamburg zeigt „Licorice Pizza“ auf 70 Millimeter

In den 1950er-Jahren wurde den Kinobetreibern angesichts der Konkurrenz durch das Fernsehen mulmig. Ihre Gegenstrategie: Kinofilme sollten lauter, brillanter, also: toller wirken. Mit 70-Millimeter-Filmen war das möglich, sie wirken im Vergleich zu normalen Kopien farbsatter und kontrastreicher. Früher wurde das Format gern für Spektakelfilme eingesetzt. „Heute benutzt man eine andere Bildsprache“, sagt Savoy-Filmvorführer Achim Orlia, der seit 1972 Filme zeigt, seit 1982 sogar beruflich.

Zu den 70-Millimeter-Hits der vergangenen Jahre zählen im Savoy „The Hateful 8“ von Quentin Tarantino, aber auch „Dunkirk“ von Christopher Nolan oder „Tenet“ vom selben Regisseur. Wünsche äußern können die Kinos hier übrigens nicht. Um etwas im großen Format zu zeigen, sind sie auf das Angebot der Verleiher angewiesen und müssen ihnen eine höhere Mindestgarantie zahlen, was sich auf die Eintrittspreise niederschlagen kann.