Hamburg. Am Holsteinischen Kamp eröffnet im Februar das Bandhaus Barmbek. Die Bewerbungsphase läuft. Worauf bei der Vergabe Wert gelegt wird.

Der Geruch von kaltem Rauch, feuchter Pappe und Monate altem Leergut, die Aura von ausgesessenen Sofas, die Unbeschreibliches erlebt haben, und von Verstärkern, deren Regler seit dem Kauf auf „10“ gedreht sind – all das ist nicht für jeden etwas. Für Tausende Hamburger Musikerinnen und Musiker ist es aber das Größte. Schließlich haben sie einen der begehrten Proberäume ergattert.

Die Nachfrage ist seit vielen Jahren deutlich größer als das geringer werdende Angebot. Verfall und Lärmbeschwerden, steigende Miet- und Nebenkosten sowie die Verdichtung von Wohn- und Gewerberaum machen der Hamburger Musikszene, ob Amateure oder Profis, das Leben und Erleben schwer. Prominentes Beispiel ist der Bunker in der Otzenstraße, der vor drei Jahren wegen nicht eingehaltener Lärmschutzvorschriften stillgelegt wurde. Mit Mitteln aus dem Sanierungsfonds der Stadt renoviert, soll er in absehbarer Zeit wieder öffnen.

Bandhaus Barmbek bietet acht Proberäume

Dennoch sind die Plätze, zum Beispiel in den Hochbunkern am Sievekingdamm, in der Humboldtstraße oder in der Wendenstraße, rar. Von Neubauten ganz zu schweigen. Aber es gibt Hoffnung: Im Februar eröffnet am Holsteinischen Kamp in Barmbek-Süd das Bandhaus Barmbek mit acht Proberäumen und einer Probebühne auf zwei Etagen. Eingebettet ist das Bandhaus in den Neubaukomplex „Built In Barmbek“, der auf einem brach liegendem Gebrauchtwagenhof entstanden ist und Handwerk- und Gewerbebetriebe beherbergt. Initiiert wurde das Projekt vom Hamburger Indiepop-Label Grand Hotel van Cleef (GHvC) und realisiert von der Stadterneuerungs- und Stadtentwicklungsgesellschaft Hamburg (STEG).

Am Montag führten die STEG-Projektleitung mit Linda Lichtenstein und Kurt Reinken sowie GHvC-Geschäftsführer und Kettcar-Musiker Reimer Bustorff Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda durch die Räume. „Ein komplett neues Projekt zu verwirklichen und neue Kapazitäten für Proberäume zu schaffen, ist wirklich etwas Besonderes. Ehrlicherweise bräuchten wir noch viele Projekte wie diese in der Stadt, um den Bedarf auch zu decken“, sagte Brosda. Der Sanierungsfonds Hamburg 2020 steuerte 480.000 Euro für den Innenausbau bei.

Musiker können Räume individuell einrichten

„Noch braucht man etwas Fantasie, um sich hier Bands vorzustellen, noch könnte hier auch eine Zahnarztpraxis einziehen“, scherzte Brosda beim Rundgang durch die nackten Räume. Aber viele oft unerfüllte Wünsche von Bands sind bereits erkennbar erfüllt: Schallschutz, Tageslicht, Heizung und Belüftung, Toiletten und ein Lastenaufzug.

„Die Musikerinnen und Musiker können ihre Räume dann individuell einrichten und gestalten, wobei sich mehrere Bands die größeren Räume teilen sollen“, erklärte Reimer Bustorff. Bei Mietpreisen von monatlich 287 Euro für 23 Quadratmeter bis 609 Euro für 48 Quadratmeter (inklusive Nebenkosten) ist Teilen auch finanziell eine gute Idee.

Beirat entscheidet über Vergabe der Räume

Über die Vergabe der Proberäume entscheidet ein Beirat, in dem neben Reimer Bustorff, Linda Lichtenstein und Kurt Reinken auch die Musikerinnen Miu und Saskia Lavaux, ByteFM-Gründer Ruben Jonas Schnell, die Label-Vertretenden Molly Mönch (Audiolith) und Rüdiger Herzog (Herzog Records) sowie Marten Lange vom Ensemble Resonanz vertreten sind. Sie legen Wert auf stilistische Diversität und künstlerisches Potenzial bei der Raumverteilung. Ziel ist es, dass sich die Nachwuchsbands etablieren und „nach oben“ spielen – und so für eine hohe Fluktuation im Bandhaus sorgen.

„Alle, die über das Leben in der Stadt nachdenken, werden begreifen, dass Quartiere nicht nur nach Wohnen und Arbeiten aufgeteilt werden können. Es muss eine gute Mischung sein, und dazu gehört Kultur selbstverständlich dazu,“ sagte Brosda. Denn die Kultur, die auf den Bühnen der Stadt zu erleben ist, hat ihren Ursprung in den Proberäumen und auf den Probebühnen. Dort spielt der Nachwuchs ebenso die ersten Töne wie die Stars, die am Programm für die nächste Tour feilen.

Musikszene: Bandhaus bietet auch eine Probebühne

Auch das Bandhaus Barmbek hat eine Probebühne, mit Platz für 70 Zuschauende bei Konzerten oder Showcases. Dieser Raum ist trotz der aufgestellten Instrumente und Verstärker ebenfalls noch nackt. „Aber Bands sind sehr gut darin, schnell für die entsprechende Patina zu sorgen“, sagte Bustorff und dachte wohl ein wenig nostalgisch an die Zeiten mit seiner ersten Band im so genannten Atombunker in Niendorf zurück. Nicht wenige Goldene Schallplatten entstanden ursprünglich auf Schimmelsofas und nach zu viel „Bunkerbier“, wie man es seinerzeit im Hochbunker am Sievekingdamm trank: Mit diesem Codewort bekamen Bands übrigens Rabatt beim benachbarten Pizzaservice. Auch so eine alte Geschichte.

Jetzt wird es Zeit, neue Proberaumgeschichten und -Songs zu schreiben, „Mitten inne Stadt, mitten in Barmbek“, wie Lotto King Karl singt. Noch bis zum 31. Dezember können sich Interessierte für einen Raum im Bandhaus Barmbek bewerben. Alle Informationen sind auf www.bandhaus-barmbek.de zu finden.