Hamburg. Der Senat schlägt die 2G-Option für Veranstaltungen in Hamburg vor. Zwei Kulturhäuser haben eindeutige Haltung dazu.

Das Corona-Vokabular wird beständig umfangreicher. Mit der Ankündigung einer sogenannten „2G-Variante“, die Veranstaltern die Option geben würde, nur noch Geimpfte und Genese (und nicht mehr, wie bei 3G, auch Getestete) einzulassen und dadurch die Säle womöglich stärker als bisher auslasten zu können, hat der Senat zumindest in der Kulturszene manchen überrascht.

„Uns ist noch nicht ersichtlich, was hinter dem aktuellen Vorstoß steckt. Um das ermessen zu können, brauchen wir mehr Informationen, klarere Angaben“, sagt zum Beispiel Tom Till, Kaufmännischer Geschäftsführer am Thalia Theater, wo an diesem Wochenende bereits die neue Saison beginnt.

Corona in Hamburg: 2G findet auch Befürworter

Er fragt, was die Aussicht auf „mehr Publikum“ konkret bedeute: „Jetzt haben wir jeden zweiten Platz besetzt, dürften wir also dann voll besetzen? Und würden PCR-Tests wie in Baden-Württemberg zugelassen?“ Till betont zudem: „Wir sind ein öffentliches Haus, dessen Aufgabe es zunächst einmal ist, für alle zugänglich zu sein und eben nicht auszugrenzen.“ Er sei jedoch grundsätzlich „klarer Impfbefürworter“: „Wir haben, was mich sehr freut, auch über das betriebliche Impfen sämtlichen Mitarbeitenden ein Impfangebot noch vor der Sommerpause machen können.“

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Am St. Pauli Theater befürworten die Theaterleiter Ulrich Waller und Thomas Collien den Senatsvorstoß: „2G und die sich daraus ergebenden reduzierten Abstandsregeln sind aus unserer Sicht der einzige wirtschaftliche Weg mit Perspektive und eine richtige Maßnahme, einen weiteren drohenden Lockdown zu verhindern.“ Sie betonen allerdings die Notwendigkeit einer „gesonderte Regelung für Kindertheater, um auch den nicht geimpften Nachwuchs am kulturellen Leben teilnehmen lassen zu können“.

Eintritt nur für Geimpfte und Genesene? Viele Unklarheiten

Ein Punkt, auf den auch Staatsoper und Philharmonisches Staatsorchester hinweisen: Es sei wichtig „Besuchergruppen wie zum Beispiel Kinder und Jugendliche nicht vom kulturellen Angebot auszuschließen“. Man wünscht sich hier „von der Politik klare Regelungen, mit denen wir dieses Ziel erreichen und die den Bedürfnissen des Gesundheitsschutzes gerecht“ würden. Oper und Philharmoniker beziehen für ihre Planung eine gemeinsame Position: „Grundsätzlich helfen Geimpfte der Kultur, weil sie die Entwicklung hin zu einer Normalität des Spielbetriebes und des Platzangebotes unterstützen“, heißt es aus der Dammtorstraße.

Für Maik Klokow, der das Theaterstück „Harry Potter und das verwunschene Kind“ ab Dezember im Mehr! Theater auf die Bühne bringen will, gibt es derzeit noch zu viele Unklarheiten: „Bisher ist noch nicht abzusehen, mit welchen Rahmenbedingungen der Hamburger Senat eine 2G-Regelung ausgestalten will und wie die rechtlichen Implikationen sind. Von daher halten wir an der bestehenden 3G-Regelung fest. Wir sind um den größtmöglichen Schutz unserer Mitarbeitenden und Gäste bemüht. Dies wird die Richtlinie für unsere weiteren Entscheidungen sein.“

Corona in Hamburg: Skepsis beim Literaturhaus-Chef

Literaturhaus-Chef Rainer Moritz kommentiert ein mögliches „2G-Optionsmodell“ verhalten positiv, aber ebenfalls noch skeptisch: „Sollte eine Verordnung erlassen werden, die besagt, dass es jeder Kultureinrichtung anheimgestellt wird, die 2G- oder die 3G-Variante umzusetzen, und sollte dies einschließen, dass nur bei der 2G-Variante keine Abstands- und Maskenpflicht mehr herrschen muss, werden wir uns für die 2G-Lösung entscheiden.“ Angesichts der steigenden Inzidenzwerte in Hamburg, so Moritz, würde eine solche Entscheidung „den Impfdruck massiv erhöhen“.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Auch in den Kinos überwiegt die Skepsis: „2G ist derzeit kein Thema für uns, weil wir glauben, dass das Publikum sich derzeit noch den Abstand zum Sitznachbarn wünscht“, sagte Zeise-Geschäftsführer Matthias Elwardt und weist ebenfalls auf das Kinderprogramm. Eine 2G-Lösung wäre hier nicht praktikabel, weil Kinder in der Regel nicht geimpft oder genesen sind.

2G: Elbphilharmonie und Laeiszhalle haben eindeutige Haltung

 „Viel wichtiger wäre es in diesem Zusammenhang, dass bei den Kindern die tagesaktuelle Testpflicht fällt, die ja für sie etwa in Hallenbädern auch gar nicht besteht.“ Und Hans-Joachim Flebbe, der die Astor FilmLounge und das Savoy betreibt, erklärt, er begrüße zwar die Initiative des Senats, werde es jedoch zunächst bei 3G belassen: „Sonst würden wir zu viele potenzielle Besucher ausschließen.“

Die Haltung der Leitung von Elbphilharmonie und Laeiszhalle sei nach wie vor eindeutig, sagt deren Sprecher Tom R. Schulz: „Als städtisches Unternehmen betreiben wir keine eigene Gesundheitspolitik im Umgang mit unseren Konzertbesucherinnen und -besuchern. Es ist allein Aufgabe der demokratisch legitimierten Institutionen, hier den Rahmen vorzugeben.“ ProArte-Geschäftsführer Burkhard Glashoff warnt davor, Entscheidungen, die den Gesundheitsschutz der Bevölkerung betreffen, auf die Veranstalter abzuwälzen. Auch er hofft auf klare Vorgaben des Senats. Auch die Symphoniker Hamburg warten ab: „Wir beobachten die Entwicklung und vertrauen auf eine von allen akzeptierte Lösung der offenen Fragen.“

Live-Veranstalter sehen 2G-Prinzip skeptisch

Für das Schleswig-Holstein Musik Festival, das sein letztes Hamburger Konzert am 5. September in der Elbphilharmonie veranstaltet, erklärt Sprecherin Laura Hamdorf: „Wir sind fest davon überzeugt, dass für Geimpfte und Genese mehr möglich sein sollte! Oberstes Ziel sollte es sein, Spielstätten wieder mit voller Auslastung bespielen zu können – und dies ist sicherlich ein gangbarer Weg.“

In der Club- und Livemusikbranche sieht man das 2G-Prinzip hingegen skeptisch. „Grundsätzlich begrüßen wir zunächst jede Art der Perspektive, die unserer Branche zurück zu einer gewissen Handlungsfähigkeit hilft. Wenn das die Vorschrift ist, um wieder zurück in einen regelmäßigen Kulturbetrieb zu kommen, ist es zumindest ein Anfang“, sagt Ben Mitha, Geschäftsführer der Karsten Jahnke Konzertdirektion.

Clubbetreiber in Hamburg will niemanden ausgrenzen

Wobei Hamburg für Veranstaltende keine Insel sein dürfe: „Da Hamburg mit dieser Regelung momentan alleiniger Vorreiter ist, ist dies für uns als Tourneeveranstalter natürlich nur bedingt hilfreich, da erst eine flächendeckende Regelung in allen Bundesländern uns valide Planungsgrundlagen verschafft. Hinzu kommt, dass die 2G Regelung auf einer sicheren juristischen Grundlage beruhen müsste, die sowohl dem Grundgesetz entspricht, als auch dem einfachen Vertragsrecht.“

Clubbetreiber und Programmmacher Constantin von Twickel vom Nochtspeicher positioniert sich klar gegen 2G: „Wir vom Nochtspeicher möchten uns für 3G, sprich geimpft, genesen, getestet aussprechen. Wir sind ein offener Kulturraum, und möchten niemanden ausgrenzen. Das würde 2G für uns bedeuten.“