Hamburg. Ferdinand Hodler stellte in dem Gemälde „Blick ins Unendliche“ aus dem Jahr 1903 seinen Sohn dar. Die Hintergründe über das Werk.

Ein junger Mann steht auf einer Bergkuppe, er ist nackt. Seine Hände hält er wie schützend vor die Brust – eine ungewöhnliche, fast schon prophetische Geste, wie sich später zeigen soll. In der Ferne erkennt man weitere Gipfel oder Felsformationen, die aus einem Wolken- oder Nebelmeer aufzusteigen scheinen. Darunter erstreckt sich eine Oberfläche in Blaugrau mit Wolken oder gischtigen Wellen.

„Blick ins Unendliche“ hat der Schweizer Maler Ferdinand Hodler sein Bild genannt, dargestellt ist sein Sohn Hector. Der 1853 geborene Hodler hatte eine ex­trem harte Kindheit: Sowohl seine Eltern als auch seine fünf Geschwister erkrankten tödlich an Tuberkulose. Später erinnerte er sich: „In der Familie war es ein allgemeines Sterben. Mir war schließlich, als wäre immer ein Toter im Haus und als müsste es so sein.“

Maler des Symbolismus

„Blick ins Unendliche“  (1903/04) von Ferdinand Hodler, Öl auf Leinwand, 100 x 80 Zentimeter.
„Blick ins Unendliche“ (1903/04) von Ferdinand Hodler, Öl auf Leinwand, 100 x 80 Zentimeter. © Privatsammlung in der Hamburger Kunsthalle Foto: Elke Walford | Hamburger Kunsthalle

Hodler gilt als Maler des Symbolismus. Eins der Merkmale dieser Kunstgattung ist die Erkenntnis, dass die Welt der von Menschen geschaffenen Objekte über deren individuelles Leben hinausweist. Heute ist er vor allen Dingen für seine Bergbilder bekannt. Ihn interessierten aber auch Frauen, Selbstbildnisse und historische Ereignisse. Gern malte Hodler Variationen seiner Motive. Mit dem Thema Unendlichkeit hat er sich mehrfach und auf ganz unterschiedliche Weise auseinandergesetzt.

1915 bis 1918 malte er „Blick ins Unendliche“ als große Kopfstudie einer Frau. Von 1910 an beschäftigte er sich mit dem Werk „Blick in die Unendlichkeit“. Gezeigt werden fünf überlebensgroße Frauen, die sich im Tanz wiegen. Fünf Fassungen fertigte er von dem monumentalen Bild an. Sein künstlerisches Credo: „Ich setze die Wahrheit über die Schönheit – ich kann nicht anders.“

115 Gemälde von Hodler als Selbstbildnisse

Manchmal schien seine Arbeit etwas Manisches zu haben. So hat er insgesamt 115 Gemälde oder Zeichnungen als Selbstbildnisse geschaffen. Und die Krankheit und das Sterben seiner Geliebten Valentine Godé-Darel hat er in 120 Zeichnungen und 18 Gemälden festgehalten. 1918 ist Hodler gestorben.

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Sein Sohn Hector erlernte im Alter von 14 Jahren die Sprache Esperanto. Später wurde er der erste Direktor des Esperanto Weltbundes. Zwei Jahre nach dem Tod seines Vaters starb er im Alter von nur 32 Jahren – an Tuberkulose. So gesehen hält er sich auf dem hier zu sehenden Bild die Hände vielleicht auch schützend vor seine Lungen.