Hamburg. Carlos León Zambranos Ausstellung „Special Effeggs“ ist derzeit (noch) nur online zu sehen – braucht aber den Kontakt zum Publikum.

Corona-Kunst. „Ein bisschen hat man das Gefühl, als ob die Pandemie immer weitergehen würde“, meint Katja Schroeder, Leiterin des Kunsthauses Hamburg, unheilvoll. „Die Museen sind seit Jahren verwaist. Und währenddessen nistet sich etwas in den Räumen ein …“ Und tatsächlich nistet sich mit Carlos León Zambranos Ausstellung „Special Effeggs“ etwas im Kunsthaus ein. Ein bisschen eklig, ein bisschen gefährlich.

Ein paar technische Geräte sind im Raum verteilt und brummen leise vor sich hin, eine Klimaanlage, ein Brutkasten, Fässer aus Edelstahl. Aber im Halbdunkel lauert Organisches – Tiere, Krabben vielleicht? Oder Überreste, Haare, Gräten, ein Exoskelett? Man kann es nicht genau sagen, und so richtig nah traut man sich auch nicht ran, könnte ja sein, dass die Dinger tatsächlich leben und einen plötzlich anspringen. Puff! Überraschend fällt ein Wesen von der Decke, Funken fliegen durch den Raum, dann bleibt es unbeweglich liegen. Man wusste, was gleich passiert, erschrocken ist man dennoch.

Zambrano kann in Hamburg Einzelausstellung zeigen

Den Funkenflug kennt man von Zambrano. Mit einer Zündschnur-Installation war der 1989 in Caracas geborene Künstler Ende 2019 bei der Ausstellung „Nominees“ dabei, der Bewerberpräsentation für das Hamburger Arbeitsstipendium für Bildende Kunst, welches er im Anschluss auch erhielt.

Dem Kunsthaus-Team blieb er anscheinend in so guter Erinnerung, dass er am Klosterwall seine erste institutionelle Einzelausstellung zeigen kann: eine Installation aus insgesamt 15 speziell für diesen Raum geschaffenen Objekten, ins Rätselhafte mutierten Alltagsgegenständen, die sich im White Cube eingenistet haben, nachdem die Menschheit verschwunden ist.

Beunruhigende Installationen im Kunsthaus

Aufgebaut ist „Special Effeggs“ wie ein Wissenschaftskabinett, eine Wunderkammer als Urform des Museums. Da liegt der Abzweig zum Spektakel nahe, und manchmal geben sich Zambrano und Kuratorin Anna Nowak dieser Spektakeldramaturgie hin – dann ist die Schau plötzlich eine Kunst-Geisterbahn, bei der man sich gruselt, was für ein Knalleffekt (im Wortsinn) einen als Nächstes aufschrecken wird.

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Meist aber sind die Installationen tatsächlich beunruhigend, die „Safari Fruits“ etwa, die die Frage aufwerfen, ob sich hier gerade ein Wesen gehäutet hat – und was das für ein Wesen ist? Oder sie bauen auf höchst ästhetische Formen wie der Film „Liquid Latex“, der zunächst an abstrakte Farbspiele denken lässt, bis man erkennt, dass man eine riesenhaft vergrößerte Schnecke bewundert, die die im Raum verteilten Objekte in Super Slow Motion einschleimt.

Ausstellung in Hamburg noch nicht öffentlich zugänglich

Noch ist die Ausstellung pandemiebedingt nicht öffentlich zugänglich, Kunsthaus-Chefin Schroeder hofft allerdings, dass bei weiter sinkender Inzidenz Besuche möglich werden. Die Museen würden in diesem Fall vom kommenden Montag an öffnen können.

Es wäre ihr zu wünschen – Zambranos Kunst braucht den Kontakt zum Publikum. Sei es wegen der Schockeffekte, die ohne Zuschauer einfach verpuffen würden, sei es wegen der Süßigkeiten, die einem am Ausgang unter dem Titel „Eine Kombination von Vitaminen“ angeboten werden. Wobei: Angesichts des Ansteckungsrisikos versteckt sich auch hier wieder ein Horror.

Carlos Léon Zambrano: Special Effeggs bis 4. Juli, Kunsthaus Hamburg, Klosterwall 25, www.kunsthaushamburg.de, in dieser Woche noch ausschließlich online