Norderstedt. Die Norderstedterin Angelika Waitschies veröffentlicht sehr erfolgreich unter verschiedenen Pseudonymen Krimis, die im Norden spielen.
Lokaltermin mit Svea Jensen: Am Tisch sitzt eine nette Frau im besten Alter, die munter drauflosplaudert und ihr Gegenüber auch nicht im Entferntesten ahnen lässt, was sie in ihrem Kopf so alles bewegt. Denkt sie pausenlos an die aufreibende Arbeit von Kriminaltechnikern, an grausame Leichenfunde und die schwere Arbeit von gramgebeugten Kriminalkommissaren, die nachts nicht schlafen können, weil in ihrem Revier ein unheimlicher Mörder sein Unwesen treibt?
Anmerken lässt sie sich nichts. Was ihrer Fantasie entspringt, begeistert die Leser. Diese Frau, Jahrgang 1954, ist eine erfolgreiche Autorin von Kriminalromanen. Aber erst verhältnismäßig spät hat die Norderstedterin dieses Talent für sich entdeckt.
Krimiautorin Waitschies arbeitete beim NDR
Ein bisschen zwiespältig scheint Svea Jensen allerdings doch zu sein. In Wirklichkeit heißt sie ganz anders. Manchmal nennt sie sich Beeke Dierksen, gelegentlich auch Angelika Svensson. Das kommt ganz darauf an, woran und für wen sie gerade schreibt. Tatsächlich steht an ihrem Klingelschild keiner dieser drei Namen: Hinter den Pseudonymen verbirgt sich Angelika Waitschies, ehemals Mitarbeiterin des NDR, seit Ende 2017 Rentnerin, jetzt Krimiautorin mit einer Auflage, die innerhalb weniger Jahre deutlich die 100.000er-Grenze überschritten hat.
Legt diese sympathische Frau falsche Spuren, um die Leser zu verwirren? Angelika Waitschies lacht und winkt ab. Das mit den Namen, sagt sie, habe sich so ergeben. „Die Deutschen lieben Kriminalromane, die im Norden angesiedelt sind und richtig zur Sache gehen.“ Diesen Markt bedient Angelika Waitschies sehr erfolgreich.
Lisa Sanders von Kieler Mordkommission
Die meisten ihrer Bücher sind in der renommierten Verlagsgruppe Droemer Knaur erschienen – und dort wollte man eine Autorin, deren Name irgendwie nordisch klingt. Also entwickelte sie unter dem Pseudonym Angelika Svensson Stories um die Ermittlerin Lisa Sanders von der Kieler Mordkommission. Sechs Küstenkrimis seit 2014 („Küstenrache“ „Küstenzorn“, „Küstentod“, „Wassersarg“, „Kielgang“ und „Kiellinie“) sind das Ergebnis ihrer schriftstellerischen Arbeit.
Auch der Emons-Verlag wollte einen nordisch klingenden Autorennamen. Also Beeke Dierksen. „Schwarze Förde“ erschien 2019. Ganz nebenbei und außer der Reihe sozusagen.
Zweiter Band erscheint im Mai
Der Großverlag HarperCollins, auf das Talent der Norderstedter Autorin aufmerksam geworden, umwarb sie und gab ihr den Namen Svea Jensen – wobei natürlich auch wieder der nordische Klang eine Rolle spielt. Hier wird Angelika Waitschies als Spitzenautorin gehandelt, für die ein großes Werbebudget aufgelegt wurde. Im Februar erschien „Nord West Tod – Ein Fall für die Soko St. Peter-Ording“, bereits am 25. Mai erscheint mit „Nord West Zorn“ der zweite Band in der St. Peter-Ording-Reihe, in der die aus Bayern in den Norden verschlagene Kommissarin Anna Wagner und der örtliche Dienststellenleiter Hendrik Norberg die Hauptprotagonisten sind.
Lesen Sie auch:
- Heute erscheint ihr erster Nordseekrimi
- Familienroman: Damals, als Dresden noch in der DDR lag
- Der neue „Ziegel“: Die besten Texte aus Hamburg
Die Themen hat die Autorin zeitgemäß angelegt. Im ersten Band geht es um die Bauten von Hotelburgen an der Küste, die von einer Umwelt-Protestbewegung kritisiert werden. Eine Aktivistin, deren Mutter die Bauten plant, verschwindet. Wurde sie ermordet? Norberg und Wagner ermitteln.
Waitschies Mitglied des Netzwerks „Mörderische Schwestern“
Kriminalromane schreiben wie am Fließband – das muss harte Arbeit sein. Angelika Waitschies lacht und sagt: „Natürlich sitze ich jeden Tag am Schreibtisch, aber das habe ich ja so gewollt.“ 2008, damals noch in Diensten des NDR, schrieb sie ihren ersten Krimi, der noch von einem österreichischen Mitglied des Netzwerks „Mörderische Schwestern“ überarbeitet wurde. Hinter der Vereinigung verbirgt sich ein gemeinnütziger Verein, der das Ziel hat, von Frauen verfasste deutschsprachige Kriminalliteratur zu fördern.
Die „Schwestern“ halfen auch bei der Suche nach einem Verlag. Inzwischen ist Angelika Waitschies nicht nur eine Vielschreiberin, sondern selbst auch eine „Mörderische Schwester“, die anderen Autorinnen auf die Beine hilft. Diese Aufgabe hält sie für wichtig: „Bei Krimitagen, wie zum Beispiel in Hamburg, dominieren immer noch die männlichen Autoren. Da gibt es nur wenige neue Namen.“ Sie organisiert ihrerseits Lesungen und Krimi-Nächte mit zumeist weiblichem Personal.
Krimiautorin an ihrem Schreibtisch in Norderstedt
Ansonsten sitzt sie an ihrem Schreibtisch in Norderstedt und denkt sich mörderische Geschichten aus, bei denen natürlich auch die zwischenmenschliche Komponente eine wichtige Rolle spielt.
Werden die Münchener Kommissarin und der bärbeißige norddeutsche Kollege aus St. Peter-Ording jemals ein Paar? Angelika Waitschies weiß es natürlich, aber das Geheimnis hütet sie wie den Namen des nächsten Mörders. Spannung in jeder Hinsicht muss schließlich sein, um die Leserinnen und Leser auch über einen langen Zeitraum bei der Stange zu halten.