Hamburg. Der Hamburger Schriftsteller Norbert Gstrein las im Literaturhaus aus seinem neuen Roman „Der zweite Jakob“.
Norbert Gstrein beherrscht es, das konzentrierte Sprechen über ein Buch, sein Buch. Auf Umwege – etwa das Leben des Schriftstellers, bewahre! – will er sich nicht einlassen. Höchstens eine Andeutung hier und da, ein bisschen Corona-Pflicht zum Beginn.
Immerhin ist das Hamburger Literaturhaus, in dem diese Autorenlesung live stattfindet, leer – gesendet wird als Livestream zu den Lesern (und Zuschauern) nach Hause. Die persönliche Zurückhaltung ist gerade dann apart, wenn ein Autor so gern autobiografische Anspielungen im eigenen Werk versteckt, er lockt auf diese Fährte und weist sie dann entrüstet (und ein wenig verschmitzt, durchaus) zurück.
Protagonist im neuen Roman zieht Lebensbilanz
Sein Protagonist: ein Schauspieler, dessen Name mit vier Konsonanten beginnt und der eine Art Lebensbilanz zieht. „Natürlich will niemand 60 werden“, so beginnt Norbert Gstrein (59) seinen aktuellen Roman „Der zweite Jakob“ (Hanser, 448 S., 25 Euro). Ein Verweis auch auf seinen eigenen literarischen Beginn: „Jetzt kommen sie und holen Jakob“, zitiert Moderator Joachim Dicks kenntnisreich den Einstieg aus Gstreins Debüt.
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Auch der hier neu kreierte Jakob ist (wie sein Schöpfer, der allerdings in Hamburg lebt) Österreicher, Gstrein schickt ihn auf einen Vater-Tochter- Roadtrip in die USA, an die texanisch-mexikanische Grenze. Herkunft und Identität, Erinnerung, Schuld – und die tragische, von der Tochter gestellte Frage danach, was denn das Schlimmste in seinem Leben gewesen sei, diese Themen treiben die Geschichte, eine große Selbstbetrachtung des Ich-Erzählers.
Gewalt gegen Frauen war auch letztem Roman Thema
Seine Erzähler hätten einen „Hang“ dazu, „sich selbst zu beschädigen“, wie Gstrein gesteht, als habe er selbst damit wenig zu tun. „Jakob erzählt sein eigenes Unheil herbei.“ Als Frauenmörderdarsteller hat es dieser Schauspieler zu einiger Bekanntschaft gebracht, ausgerechnet, was wieder ein Motiv aufgreift: Schon in Gstreins letztem Roman ging es – auch – um Gewalt gegen Frauen.
„Der zweite Jakob“ ist nun eine ungemein vielschichtige, elegant erzählte, sinnliche und vor allem aber: mitreißende (Lektüre-)Reise in Abgründe und Scham. Er selbst sei vor allem mit amerikanischer Literatur sozialisiert, berichtet der Autor im Literaturhaus. Seine eigenen Figuren nun auch in diese Landschaft zu setzen gefällt ihm, und man folgt ihm (und ihnen) wirklich ausgesprochen gern.
NDR Kultur sendet das Gespräch am 14. März um 20 Uhr