Hamburg. Das Aris Quartett sendet beim Rising Stars Festival aus dem Kleinen Saal der Elbphilharmonie und zeigt besondere Klasse.
Konzerte vor leerem Saal sind für viele Musikerinnen und Musiker ein mühsames Geschäft. Ohne Publikum fehlt der Austausch, da fällt es schwerer, Spannung aufzubauen. Aber davon ist beim Aris Quartett nichts zu spüren.
Das Ensemble gehört zur handverlesenen Auswahl an Spitzeninterpreten zwischen Anfang zwanzig und Anfang dreißig, die beim Festival „Rising Stars“ gerade digital auftreten – mit einem Konzert, das im Kleinen Saal der Elbphilharmonie aufgezeichnet wurde und jetzt als Stream gezeigt wird. Auch im Video entfachen die Mitglieder des Aris Quartetts eine Präsenz, wie wir sie von Live-Momenten kennen und vermissen.
Manche Klänge zittern wie Spinnweben im Wind
Der Auftritt beginnt – nach einem kurzen Porträt des Ensembles – mit György Kurtágs Streichquartett op. 28: Ein empfindliches Stück, voller zarter Sounds und knapper Gesten. Manche Klänge zittern wie Spinnweben im Wind. Gespielt von vier Menschen, die mit seismografischem Feinsinn aufeinander reagieren und über ihre Blicke auch sichtbar miteinander verbunden sind.
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Das gut einstündige Programm schlägt eine Brücke von der klassischen Moderne über ein Auftragswerk bis zur Romantik, zu Felix Mendelssohn. Und spätestens im achten Streichquartett von Dmitri Schostakowitsch ist die Intensität so stark, als säßen wir mit im Saal: Dort, wo der Komponist seinen Schmerz über das Grauen des Zweiten Weltkriegs, aber auch über die eigene Verzweiflung unter dem Sowjetregime in die Musik eingekerbt hat. Mit brutalen Akzenten, die das Aris Quartett förmlich in die Saiten hackt. Puh.
Je nach Einstellung: Mondlandschaft oder riesige Nussschokolade
Dass man da gebannt auf den Bildschirm starrt, liegt allerdings nicht nur an der Interpretation, sondern auch an der Inszenierung (durchs Filmteam der Elbphilharmonie). Vor der Rückwand des Kleinen Saals – die, je nach Einstellung, wie eine Mondlandschaft oder wie eine riesige Nussschokolade wirkt – hebt sich das Ensemble festlich ab. Links die beiden Geigerinnen, im eleganten, ärmellosen Kleid, rechts der Bratscher und der Cellist, im schwarzen Anzug mit weißem Hemd.
Die Kamera zeigt alle vier in der Totale, fährt aber auch immer wieder um sie herum und an sie heran, sie schaut ihnen über die Schulter, in die Noten und ins Gesicht. Auch da, in den Augenbrauen und Mundwinkeln, spiegelt sich höchste Konzentration. So nahe kommen wir den Interpreten normalerweise nicht. Hier ist der Stream im Vorteil. Auch wenn er das echte Live-Konzert natürlich nicht ersetzen kann.
Das Rising Stars Festival läuft bis zum 31. Januar, täglich um 20.30 Uhr wird ein neues Konzert gestreamt, www.elbphilharmonie.de