Hamburg. Bestsellerverfilmungen und Starbesetzungen – in der Hansestadt sind 2021 eine Menge Projekte geplant. Wir stellen die größten vor.
„Ja, mach nur einen Plan!“, schrieb Bertolt Brecht in der „Ballade von der Unzulänglichkeit menschlichen Planens“, um zu zeigen, wie wenig vorhersehbar unsere Zukunft ist. So ähnlich geht es vielen Kulturschaffenden und natürlich auch der Filmindustrie, die sich nach Normalität sehnt und doch mit der Pandemie leben muss. Und das tut sie: Geplant sind für das kommende Jahr einige interessante Produktionen. Ob sie sich so realisieren lassen, weiß zurzeit natürlich niemand.
Im Gegensatz zum ersten Lockdown sind Dreharbeiten aber momentan weiterhin möglich. Es gebe zurzeit sehr ausgeklügelte und wirksame Hygienekonzepte, die allerdings die Produktionskosten in die Höhe treiben, sagte Helge Albers, Chef der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein (FFHSH). Es habe Verschiebungen, Verlängerungen, aber keine Abbrüche gegeben. Bis kurz vor Weihnachten gab es noch Dreh-
arbeiten in Hamburg.
2021 haben die Filmschaffenden viel vor
„Die Branche blickt einigermaßen gefasst in die Zukunft. Alle hoffen, dass wir uns mit der Impfung im Blick auf dem Weg zur Normalisierung befinden. Das Ziel von 2021 ist aber zunächst einmal Planbarkeit“, so Albers. „Momentan scheint das kein ganz verwegenes Ziel zu sein. Man hat gelernt, die eigenen Erwartungen zu managen.“
Hamburg und Schleswig-Holstein hätten sich ziemlich ins Zeug gelegt, um die Zukunft der Filmemacher und Kinobetreiber zu sichern. 2020 konnten zwar nur halb so viele Kinofilme wie sonst gedreht werden, aber 2021 haben die Filmschaffenden viel vor. „Wir merken schon seit einigen Sitzungen, dass die Antragslage hoch ist und auch die geplanten Dreharbeiten stimmen uns optimistisch.“
„Heaven Can Wait“ zum Beispiel: „Ein St.-Pauli-Film, auf den ich wahnsinnig gespannt bin“, erzählt Albers. „Im Zentrum des Dokumentarfilms steht der titelgebende Chor, dessen Mitglieder – alle älter als 70 – Songs von Fettes Brot und Co auf die Bühne bringen.“ Die Regie übernimmt Sven Halfar, der auch schon die Geschichte der Band Silly verfilmt hat.
Beeindruckende Besetzung
„Mittagsstunde“ entsteht nach dem Bestseller von Dörte Hansen. Schon die TV-Verfilmung ihres Buchs „Altes Land“ war ein großer Erfolg. Für Helge Albers ist diese Arbeit „in jeder Hinsicht ein tolles Projekt“: „Mehr Schleswig-Holstein geht nicht. Lars Jessen ist ein regionales Regie-Urgestein und ein Könner. Mit Charly Hübner und Jan Georg Schütte hat er gerade erst die ARD-Serie ,Für immer Sommer 90‘ auf die Beine gestellt. Das Drehbuch zu ,Mittagsstunde‘, in dem Hübner auch die Hauptrolle spielen soll, macht richtig Spaß.“
Paula Beer, Jonas Dassler, Edgar Selge und Maryam Zaree - auch eine beeindruckende Besetzung. Zusammen kommt sie für die Tragikomödie „Marmor“ von Alex Schaad, dem Bruder von Dimitrij Schaad, Hauptdarsteller aus „Die Känguru Chroniken“. „Das ist ein abgefahrenes Projekt. Die Beteiligten gehen hier kreativ ein großes Risiko ein. So eine Figurenkonstellation habe ich vorher noch nicht gesehen.“ Zum Cast gehört auch Dimitrij Schaad.
Erstmals kann die FFHSH auch Serienprojekte unterstützen. „Gefesselt“, eine True Crime-Serie, ist eines davon. Es geht um den Hamburger Säurefassmörder Lutz Reinstrom, Regie führt Florian Schwarz. „Die Vorlage ist traurig, die Serie wird wohl sehr spannend“, glaubt Helge Albers. „Solche eng an die Realität angelehnte Projekte, wie auch ,Die Geheimnisse des Todeswaldes‘, erfahren zurzeit einen starken Zuspruch. Das wird sicherlich extrem publikumsnah werden.“
Ungewöhnliches Projekt
Der Regisseur Hans-Christian Schmid („Am Ende kommen Touristen“) dreht unter dem Titel „Wir sind dann wohl die Angehörigen“ ein Drama über die Entführung von Jan Philipp Reemtsma in Hamburg. Vorlage ist die berührende und ausgesprochen persönliche Geschichte von Reemtsmas Sohn Johann Scheerer. Der Hamburger Regisseur Kilian Riedhof („Sein letztes Rennen“) hat gerade den Bataclan-Film „Meinen Hass bekommt ihr nicht“ abgedreht. Im zweiten Halbjahr stehen nach heutigem Stand die Dreharbeiten zu seinem nächsten kontroversen Stoff an: „Last Song For Stella“. Es geht um die jüdische Greiferin Stella Goldschlag. „Der Historienfilm hinterfragt eingefahrene Schemen von Gut und Böse und wird die Zuschauer vielfältig herausfordern und bewegen“, vermutet Helge Albers. „Man wird ihn wohl lange mit sich tragen, nachdem man ihn gesehen hat.“
Der Kinderfilm „Ponyherz“ ist ein ungewöhnliches Projekt für die Produktionsfirma Riva Film („Gaza mon amour“). „Die Produzenten betreten hier Neuland, und ich schätze es sehr, wenn man nicht nur in erprobten Mustern agiert. Die Vorlage ist eine sehr erfolgreiche Kinderbuchreihe. Wir drücken ganz fest die Daumen. Wenn es gut läuft, ist hier sicher auch ein zweiter Teil möglich.“ Der Film, so Albers, habe „großes kommerzielles Potenzial“.
Weitere Bestseller-Verfilmungen
Und es stehen noch weitere Bestseller-Verfilmungen an: „Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war?“ ist eine Tragikomödie der Regisseurin Sonja Heiss („Hedi Schneider steckt fest“) und des Schauspielers und Schriftstellers Joachim Meyerhoff, die Albers für ein Traum-Team hält: „Der Film wird bestimmt sehr komisch und tief berührend zugleich. Das ist eine Balance, die man sich bei Kinofilmen wünscht. Man wird wohl weinen und lachen. Ich bin mir sicher, dass diese smarte Filmidee das leisten wird.“
Und Til Schweiger wird mit „Kurt“ ein Buch von Sarah Kuttner verfilmen. Eine ungewöhnliche Kombination. „Schweiger hat sich damit einen Stoff gesucht, der alles andere als leicht ist. Der Film wird an die Nieren und ans Herz gehen“, verrät Helge Albers. „Trotzdem wird man das Kino mit einem sehr lebensbejahenden Gefühl verlassen. Es ist ganz beeindruckend, was für eine steile Kurve er mit diesem Stoff fliegt.“
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In den vergangenen Jahren war die FFHSH auch immer wieder mit internationalen Koproduktionen erfolgreich. Kann es die in diesem Jahr überhaupt geben? „Da kommt mit Sicherheit etwas auf uns zu“, so Albers. Etwas Norwegisches sei im Gespräch. Auch Hollywood-Produktionen seien möglich, aber noch nicht spruchreif. Abgedreht ist der Tom-Clancy-Thriller „Gnadenlos“ mit US-Superstar Michael B. Jordan in der Hauptrolle. Das Team hat Anfang 2020 noch vor Corona in Hamburg und Schleswig-Holstein gedreht. „Da warten wir auf den Kinostart“, so Albers. Und, natürlich, auf geöffnete Kinos.
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