Hamburg. Neben Romanen von internationalen Stars wie Stephen King und John Grisham gibt es auch viel Neues aus Hamburg.

Entgegen mancher Annahmen ist auch die Literatur gebeutelt in diesen Tagen. Obschon keine Veranstaltungs- und Performancekunst, inszeniert sie sich auch: in der schönen Form der Lesung. Zahlreiche Lesungen sind zuletzt etwa im Hamburger Literaturhaus geplant worden, aber ob sie in diesem Frühjahr alle genau so stattfinden können? Steht in den Corona-Sternen. Und dennoch, um ehrlich zu sein: Immerhin erscheinen sie, die Bücher. Das will man gerne als Hauptsache betrachten, auch angesichts flankierender Online-Veranstaltungen, so läppisch sich diese manchmal ausnehmen.

Das wichtigste ist das Geschehen zwischen den Buchdeckeln — Vorteil Literatur. Hoffen muss man dennoch inständig, eh klar, dass die vom März spät in den Mai hineingeschobene Leipziger Buchmesse stattfinden kann. Das spräche nicht zuletzt für eine weitaus bessere pandemische Lage. Und nun der Blick aufs buchmäßige Frühjahr, das, wenn nicht alles täuscht, gerade aus Hamburger Sicht verheißungsvoll werden könnte.

Reemtsma-Sohn Johann Scheerer macht den Anfang

Den Anfang macht Reemtsma-Sohn Johann Scheerer, dessen eindrucksvoller Bericht einer Jugend unter Personenschutz „Unglaublich nah“ heißt und am 11. Januar erscheint. Für den 20. Januar ist sein Auftritt im Literaturhaus geplant. Wie im Hinblick auf alle Veranstaltungen am Schwanenwik im ersten Quartal wird sich zeigen, ob der Abend live mit Publikum, gestreamt ohne Publikum oder rein digital über die Bühne geht.

Ebenfalls fürs Literaturhaus annonciert sind die Hamburger Autoren Mirko Bonné (10.Februar, der neue Roman „Seeland, Schneeland“ erscheint Anfang Februar), Simon Urban (23. Februar, neuer Roman „Wie alles begann und wer dabei umkam“ Mitte Februar) und Norbert Gstrein (2. März, neuer Roman „Der zweite Jakob“ Mitte Februar) und die Hamburger Thriller-Königin Simone Buchholz (9. März) – ihr neuer Chastity-Riley-Krimi „River Clyde“ erscheint Anfang März.

Um die gesellschaftliche Lage, um das Epochenthema „Corona“ soll es am Schwanenwik vom 16. bis 18. Februar in der dreitägigen Reihe „Sorge – Angst – Hoffnung“ gehen, an der unter anderem der Schriftsteller Jonas Lüscher teilnimmt, der im Frühjahr so schwer erkrankte, dass er im Koma lag.

Neue Gedichte von Ulla Hahn sind für den März angekündigt

Weitere literarische Hamburgensien im Jahr 2021: Ulla Hahns Lyrikband „Stille Trommeln“, nach vielen Jahren des Roman-Schaffens der Grand Dame der Hamburger Literatur nun wieder neue Gedichte. Letztere gibt es auch von Anja Kampmann, ihre Sammlung „Der Hund ist immer hungrig“ erscheint wie diejenige Hahns im März. Tina Uebel hat endlich einen neuen Roman am Start. „Dann sind wir Helden“ (Februar) handelt von einer alleinstehenden, mittelalten Frau, die nach Guru-Besuch auf eine Wanderung aufbricht.

Überraschendes legt der Polit-Bänkelsänger Wolf Biermann vor: „Mensch Gott!“ vereint seine den Glauben behandelnde Liedtexte und Gedichte. Biermanns Lied „Ermutigung“ zum Beispiel ist im offiziellen Gesangbuch der schwedischen Kirche, wer hätte das gedacht. Von jenen skandinavischen Ehrungen gibt es keinen wirklich guten Übergang zum neuen Roman von Literaturhausleiter und Literaturkritiker Rainer Moritz.

Dieser sei hier dennoch genannt: „Als wär das Leben so“ (Ende Februar) handelt von einer noch jungen Frau aus Hamburg, die erst als Buchhändlerin arbeitet, dann in einem Zeitungsverlag; die keine sehr feste Beziehung hat und ihr Glück meist im Alleinsein findet. Bis halt das Leben jenen Entscheidungen dazwischen kommt. Für Frauen interessiert sich der Zeitgeist mehr als für Männer. Weshalb man jetzt schon sagen kann: Ein ganz unpassendes Buch wird Moritz da nicht vorlegen — siehe auch weiter oben unter Tina Uebel.

Was wird’s noch zu lesen geben?

Für das erste Kinderbuch des Hamburger Buchpreisgewinners Saša Stanišić („Herkunft“, „Vor dem Fest“) gilt das sowieso, weil derlei Nachwuchs-Literarisierung immer willkommen ist. „Hey, hey, hey, Taxi!“ erscheint im Märzim Mairisch-Verlag. Bei Hoffmann und Campe kommt im Mai die neue Krimisatire von Gerhard Henschel heraus: „Soko Fußballfieber“. Es geht um vier Fifa-Funktionäre, die eines gewaltsamen Todes sterben.

Fußballfunktionärshasser werden dieses Buch also ganz sicher lieben! Wo wir beim Thema sind: Es scheint, als habe der große und einzigartige Heinz Strunk tatsächlich seinen ersten Liebesroman geschrieben. „Es ist immer so schön mit dir“ erzählt die Älterer-Mann-jüngere-Frau-Story, das wollen wir doch hoffen, gleichzeitig noch einmal ganz neu und doch auf die althergebrachte Art.

Der Romantiker Heinz Strunk, wir wollen ihn im Juli, wenn dieses Buch zu haben ist, in lauschigen Hinterhofbalkonnächten kennenlernen. Was wird’s noch zu lesen geben? Neuen Stoff von den Bestsellermaschinen Juli Zeh („Über Menschen“, Ende März), John Grisham („Der Polizist“, Mai) und Stephen King („Später“, März). Außerdem sind neue Bücher von Martin Walser („Sprachlaub“, März), Monika Helfer („Vati“, Ende Januar), Ingo Schulze („Tasso im Irrenhaus“, Ende Mai), Christoph Ransmayr („Der Fallmeister“, Ende März) und, sieh an: Christian Kracht angekündigt. Der Schweizer kehrt in „Eurotrash“ (März) ein Vierteljahrhundert nach seinem Hit „Faserland“ zu dessen Erzähler zurück. Versprochen wird von Verlagsseite ein Blick in die Abgründe von Krachts Familie. Wir können es kaum erwarten.

Natürlich gibt es auch Bücher mit Corona-Bezug

Hochklassige internationale Literatur versprechen im ersten Halbjahr 2021 die neuen Bücher von Louis Begley („Hugo Gardners neues Leben“, Juli), Leïla Slimani („Das Land der Anderen“, Ende Mai), Zeruya Shalev („Schicksal“, Ende Mai), Kazuo Ishiguoro („Klara und die Sonne“, März), Haruki Murakami („Erste Person Singular“, Ende Januar) und Patrick Modiano („Unsichtbare Tinte“, Februar).

Corona muss allerdings auch sein. Stellvertretend für vom Zeitgeschehen infizierte Literatur seien da René Freunds „Das Vierzehn-Tage-Date“ (Mai) und Ralf Königs Comic „Vervirte Zeiten“ (Februar) genannt. Und von der Sachbuchschiene, die von den vielen Verlagen auch in diesem Jahr in hohem Maße bedient werden wird, sei abschließend die Autobiografie des Hamburger Publizisten Stefan Aust genannt, der am 1. Juli 75 Jahre alt wird. „Zeitreise“ erscheint Ende Mai.

Infos zu Lesungen: literaturhaus-hamburg.de