Hamburg. Der Musikclub hat pandemiegerecht geöffnet, aber statt 300 haben nur noch 60 Besucher Platz.

Mit einer Desinfektionsmittelflasche in der Hand betritt Clubbetreiber Constantin von Twickel die Bühne des Nochtspeichers und besprüht mit deutlich vernehmbarem „pff pff“‟ das Mikrofon. „Habt Ihr das gehört? Das sind die ersten Klänge vor Publikum seit sechs Monaten.“‟ Als eine der ersten Hamburger Livemusik-Spielstätten öffnet der Nochtspeicher seine Türen für ein Konzert. Nicht open air. Nicht online. Sondern: Drinnen. Mit wirklich anwesenden Gästen.

Natürlich ist unter Corona-Bedingungen vieles anders. Gesetzter, geordneter. Doch eines ist gleich geblieben: „Wir wollen den Musikerinnen und Musikern eine Bühne geben. Denn da gehören sie hin“, sagt von Twickel. Heftiger Applaus. Die Musik, sie kommt nach Hause.

Pandemiegerecht umgestaltet

Das Team des Nochtspeichers hat aus der Not eine Tugend gemacht und seinen Saal derart pandemiegerecht umgestaltet, dass eine gemütliche Jazzclub-Atmosphäre entstanden ist. Normalerweise hätten auf den 185 Quadratmetern 300 stehende Menschen Platz. Nun sitzen 60 Musikfans an kleinen, auf Distanz gestellten Tischen. Lämpchen und Tischdecken inklusive. Der hohe Wohlfühlfaktor im rot leuchtenden Backstein-Ambiente kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich solch ein Betrieb nicht rechnet. Diese reduzierte Variante ist wie ein Miniatur Wunderland der Clubkultur: Toll anzuschauen, aber weit entfernt von der realen Größe.

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Doch dass sich solch ein Abend jenseits des Finanziellen lohnt, ist überdeutlich. Als Rockbarde Sammy Barry im Vorprogramm seinen angerauten Gesang in den Raum schickt, ist sofort klar, was während des Shutdowns vermisst wurde: Wie sich die Musik in einem Club verdichtet. Wie der Sound zwischen vier Wänden sowohl Luft als auch Körper vibrieren lässt. Die Marburger Band Janne intensiviert dieses Gefühl mit ihrem Auftritt noch einmal gewaltig.

Sie spielen als seien sie im Stadion

Die fünf jungen Musiker entfesseln mit ihrem deutschsprachigen Folkpop einen Wumms, als spielten sie nicht intim bei Kerzenschein, sondern im Stadion. Die Stimme eindringlich und die Texte satt an Aufrichtigkeit singt Frontmann Jan Heuser über „Meilensteine“ und „Kleine Dinge“. Die Band ist spürbar hungrig nach dieser besonderen Club-Energie.

Hätte Constantin von Twickel nach gut zwei Stunden nicht ein sanftes Zeichen gegeben, dass jetzt langsam mal gut sei, die Gruppe hätte noch bis zum Morgengrauen weitergemacht. Gemäß einer Songzeile von Janne: „Wer weiß, was kommt“.