Hamburg. Die Distanzen sind riesig, es geht handgreiflich zu, roh – trotzdem wird die Collage “molto agitato“ freundlich angenommen.
Die Staatsoper Hamburg hat am Sonnabend nach fast halbjähriger Corona-Pause die neue Saison mit einer Produktion der besonderen Art eröffnet. „molto agitato“ (italienisch für „stark bewegt“) heißt das eigens zusammengestellte Programm, Regie führt Frank Castorf, die musikalische Leitung liegt bei Kent Nagano. Vom Barock bis in die 1960er-Jahre reicht der musikalische Bogen, von Händel bis Ligeti.
Er umfasst nicht nur Musiktheater, sondern auch die Vier Gesänge op. 43 von Brahms. Die Bühne bleibt fast leer, die Distanzen sind riesig. Der innere Zusammenhalt dieser Collage verdankt sich dem Bühnengeschehen samt Videoeinspielung und der Präsenz der fünf Darsteller, allen voran der Schauspielerin Valery Tscheplanova. Sie ist, in Latex und auf Highheels, im körperlichen Dauereinsatz.
Tarantinos "Reservoir Dogs" als Herzstück der Castorf-Produktion
Es geht handgreiflich zu, roh. Herz der Produktion ist eine Folterszene aus dem Debütfilm „Reservoir Dogs“ von Quentin Tarantino. Castorf und sein Videoteam schildern Gewalt und Lust an der Machtausübung.
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Die Stimmen von Katharina Konradi (Sopran), Jana Kurucová (Mezzosopran), Matthias Klink (Tenor) und Georg Nigl (Bariton) wirken in dem großen Saal intim, fast verloren. Auch das spärlich besetzte Philharmonische Staatsorchester unter der Leitung von Generalmusikdirektor Kent Nagano klingt ungewohnt leise.
Choroper mit großem Orchester? In Corona-Zeiten undenkbar
Ursprünglich sollte die Saison mit Modest Mussorgskys „Boris Godunow“ eröffnet werden, aber an eine Choroper mit riesigem Orchesterapparat war unter den geltenden Vorschriften nicht zu denken.
So war diese freundlich aufgenommene Premiere ein Auftakt zu dem, was das Theaterleben in den kommenden Monaten erwartet.