Hamburg. 40.000 Euro kamen für die Lichtspielhäuser bislang zusammen. „Systemsprenger-Kinotag“ sorgt für Streaming-Einnahmen.
40.000 Euro – immerhin. Seit der vergangenen Woche läuft eine von 15 Hamburger Programmkinos gestartete Spendenaktion, aber auch wenn die bislang eingegangene Summe stattlich klingt: Aufgeteilt unter den Programmkinos sind 40.000 Euro nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Kinos haben noch immer geschlossen, und auch wenn es mit der Idee neuer Autokinos eine Perspektive gibt – für alle wird die nicht reichen.
Eine Öffnung der Kinosäle für einen Teil des Publikums unter Wahrung des Mindestabstands (was ohnehin noch nicht erlaubt ist) schätzen einige Betreiber zudem als wenig praktikabel ein. Es wäre schlicht nicht profitabel. „Das würde uns nicht helfen“, sagt beispielsweise Abaton-Chef Felix Grassmann. Man müsste die Mitarbeiter aus der Teilzeitarbeit herausholen, hätte dann aber nicht genug Einnahmen, um sie zu bezahlen. Mit großem Interesse verfolgen die Kinobetreiber zurzeit die Entwicklung in Österreich. Dort beträgt der Mindestabstand zwischen zwei Personen nur noch einen Meter. Damit könnten 130 Zuschauer in das große Kino im Abaton. Das, so Grassmann, würde sich lohnen. Ungeklärt bliebe eine praktikable Lösung für den Toilettenbereich – und das, was auf den Leinwänden gezeigt werde.
Kinos brauchen gute Filme zum Neustart
Denn die Kinos brauchen gute Filme, wenn sie wieder an den Start gehen. Wie aber ist die Position der Verleiher, die in einer Symbiose mit den Lichtspielhäusern leben? Die großen Player – Constantin, Warner – halten sich zurzeit bedeckt. Benjamina Mirnik-Voges ist Chefin vom Verleih Entertainment One. Am 21. Mai soll eigentlich ihr Film „Berlin Alexanderplatz“ anlaufen, der am vergangenen Wochenende fünf deutsche Filmpreise gewann. Sie hält den Kinos noch die Treue. „Wenn nur 20 Prozent kommen, wir aber für unseren Film statt 100 gleich 300 Leinwände bekommen würden, kann man sich das durchaus vorstellen. 20 Prozent der Zuschauer und 100 Leinwände wäre für uns natürlich nicht so attraktiv. Dann würden wir wohl warten“, so Mirnik-Voges.
„Berlin Alexanderplatz“ soll als einer der ersten Filme nach einer möglichen Wiedereröffnung in den Kinos laufen. „Das geht aber nur, wenn wir genügend Menschen erreichen können. Wir rechnen auch damit, dass die Leute zunächst Angst haben. Und natürlich wollen wir nicht gleich rausfliegen, wenn sich am ersten Wochenende niemand ins Kino traut. Aber wir haben den Mut zu warten, bis die Kinos wieder öffnen und erwarten, dass der Film auch lange genug in den Kinos bleibt.“ Ihre Filme gleich als Video on Demand zu vermarkten, sei für sie zurzeit keine Option.
Kinos drohen Insolvenzen wegen der Corona-Krise
Um die Unterstützung der Kinos kümmert sich auch der Hauptverband Deutscher Filmtheater (HDF). „Es muss einen Stabilitätsfond für alle Kinos geben und nicht nur für einzelne Gruppen. Sie brauchen die Unterstützung jetzt, um drohende Insolvenzen abzuwenden“, sagte HDF-Chefin Christine Berg. „Es ist noch völlig unklar, wie lange die Kinos geschlossen bleiben. Klar ist aber, dass bei einer Schließung von drei Monaten die Kinos in ganz Deutschland 186 Millionen Euro Kosten finanzieren müssen und das ohne Einnahmen.“ Sie hat besonders die Minijobber und Werkstudenten im Auge. „Die sind nicht im Konzept für Kurzarbeit drin, sie fallen durch das Raster, die Kinos arbeiten aber ganz stark mit ihnen. Man kann sie nur entweder entlassen oder bezahlen – das dann aber aus eigener Tasche. Der Staat muss die Minijobber und Werkstudenten unterstützen“, fordert Berg.
Eine besondere Hilfsaktion startet an diesem Wochenende mithilfe des achtfachen Siegers beim Deutschen Filmpreis. Am Sonntag, 10. Mai, gibt es – unter dem Hashtag #hilfdeinemkino – einen „virtuellen Systemsprenger-Kinotag“. Der Zuschauer kann den Film für 9,99 Euro streamen und sich über das „Virtual Theatre Portal – cvod.de“ ein lokales Lieblingskino auswählen, das ein Drittel der Einnahmen erhält. In Hamburg sind das Abaton und das Zeise beteiligt. Zwischen 16 Uhr und 20 Uhr werden zudem mehrere Hintergrundgespräche zum Film übertragen, dabei sind unter anderem Regisseurin Nora Fingscheidt und ihre Kollegen Andreas Dresen und Christian Schwochow.