Hamburg. Der NDR feiert Ruhestand von Lutz Marmor mit prominentem Chor, hochkarätig besetzter Polit-Talkrunde und kleinen Anekdoten.

Das kulinarische Programm passte zum Star des Abends. Kölscher Kaviar, also Blutwurst mit Roggenbrötchen, Zwiebelringen und Senf, und Halve Hahn (Roggenbrötchen mit Gouda, Zwiebeln, Butter und Senf) wurden am Mittwochabend serviert, als Rundfunk- und Verwaltungsrat den NDR-Intendanten Lutz Marmor verabschiedeten.

Schließlich ist Marmor trotz seiner zwölfjährigen Amtszeit in Hamburg im Herzen immer ein Kölner geblieben. Und ein Mann des Volkes – auch deshalb gab es gestern neben Kölschen Spezialitäten weder Lachshäppchen noch Filetspitzen, sondern den bundesweit geschätzten Klassiker Currywurst mit Pommes.

Kai Pflaume moderierte den Abend im Rolf-Liebermann-Studio

Den Begrüßungschor im Rolf-Liebermann-Studio gaben die NDR-Urgesteine Bettina Tietjen, Yared Dibaba und Hubertus Meyer-Burckhardt mit dem Lied „Oh Marmor, heute feiern wir seinen Abschied“. Der Star des Abends wusste von alldem nichts. Organisiert hatten das Fest die NDR-Gremien im Verborgenen, orches­triert mit vielen Weggefährten. Kai Pflaume moderierte den Abend – und begrüßte als ersten Gast den Fahrer Marmors, der mit seinem Chef nun in den Ruhestand wechselt.

Auch diese Geste passte zu dem unprätentiös agierenden Intendanten. Gesellig, gern gesehener Gast bei Feiern. Aber auch stets mit der Bereitschaft, sich sozial zu engagieren. Statt Geschenken zum Abschied baten die Organisatoren in Marmors Sinne um Spenden für NDR-Benefizaktion „Hand in Hand, für Norddeutschland“. Die strategischen Qualitäten des studierten Betriebswirts wurden bereits in der Einladung gewürdigt: „Unter seiner Führung hat der NDR mit seinen Radio-, Fernseh- und Onlineangeboten seine Position als herausragendes Medienhaus in Norddeutschland ausgebaut. Leidenschaftlich hat er sich für die ,Tagesschau‘, die Vielfalt der Angebote, und ein starkes deutsches Fernsehen eingesetzt.“

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Manuela Schwesig sprach über die gemeinsame Vorliebe für Kaffee

Entsprechend viel Prominenz kam in das Rolf-Liebermann-Studio. „Tagesthemen“-Moderatorin Caren Miosga bat Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und Manuela Schwesig (SPD), Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern in eine kleine Talkrunde. Tschentscher sorgte sofort für den Lacher des Abends. Angesprochen auf den Ruf des Intendanten, er sei stets schon da, wenn man zu einer Party komme, konterte der Bürgermeister: „Lutz Marmor ist auch noch da, wenn man geht.“ Manuela Schwesig sprach über die gemeinsame Vorliebe für Kaffee – und den Willen des Intendanten, jeden Winkel des Sendegebiets kennenzulernen.

Auch Weil lobte den scheidenden Intendanten, erinnerte an die gemeinsame Feier des Sieges von Lena Meyer-Landrut („Satellite“) beim Eurovision Song Contest (ESC) 2010. Für Marmor war die Party bei der Heimkehr aus Oslo nach Hannover der emotionalste Moment seines Berufslebens: „Wann fährt ein Intendant schon mal an Menschenmengen vorbei – mit deutschen Fans?“ Marmor war in dem Autokorso dabei, mit dem die Sängerin nach ihrer Rückkehr damals durch ihre Heimatstadt Hannover gefahren wurde.

Tom Buhrow, Intendant des WDR, pries Marmors Sparsamkeit

Alle drei Politiker machten sich für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk stark. Schwesig bedauerte, dass es inzwischen in Deutschland grundlegende Zweifel an diesem System gebe. Tom Buhrow, Intendant des WDR, pries Marmors Sparsamkeit, auch bei Bahnfahrten: Der NDR-Intendant sei lieber zweiter Klasse Bahn gefahren: „Es war immer deine Devise, so viel Geld wie nur möglich in das Programm zu stecken.“

In die Feierlichkeit mischte sich indes auch Wehmut. „Ich werde Lutz Marmor sehr vermissen. Ich habe ihm viel zu verdanken“, sagte Alexander Bommes. Der Intendant habe ihn stets gefördert. „Seine Devise war, dass es auch Leute aus dem eigenen Haus nach oben schaffen können“, sagte Bommes, der als Volontär seine Karriere beim NDR startete.

Am Montag übergibt Marmor das Amt an seinen Nachfolger

Für den Abschiedsabend begab er sich in einem Film auf Spurensuche, etwa in der NDR-Kantine. „Er steht für Bodenständigkeit und ungesundes Essen“, frotzelte dort ein Kollege. Er habe das Essen „manchmal eingeatmet“, in aller Regel spätestens nach sieben Minuten die Kantine wieder verlassen.

Diese Hektik gehört nun der Vergangenheit an, wenn Marmor sein Amt offiziell am Montag an seinen Nachfolger übergibt: Joachim Knuth (60) steigt vom Hörfunkdirektor zum Intendanten auf. Marmor will sich mehr Muße gönnen. Übrigens weiter in Hamburg. Nicht in Köln. Kölsche Spezialitäten gibt es ja auch hier.