Hamburg. Udo Lindenbergs Film-Biografie von Hermine Huntgeburth lief in allen acht Sälen des Cinemaxx am Dammtor. Eine sehenswerte Zeitreise.
So eine Kino-Veranstaltung dürfte es in Hamburg noch nicht gegeben haben. Gleich in allen acht Sälen im Cinemaxx Dammtor erlebte am Dienstag der Film „Lindenberg! Mach dein Ding“ seine Weltpremiere. Vor dem Cinemaxx lag ein roter Teppich, auf dem sich Prominente in Pose warfen.
Neun Millionen Euro hat der Film der Hamburger Regisseurin Hermine Huntgeburth gekostet. Sie erzählt darin die Geschichte des späteren Panikrockers von seinen Kindertagen bis zu seinem Durchbruch 1973. Der Film ist eine sehenswerte Zeitreise in die Geschichte der Bundesrepublik und Hamburgs durch drei Jahrzehnte bis zum Beginn der 70er-Jahre. Es entstehen viele atmosphärisch dichte Momente. Manchmal lässt allerdings das Erzähltempo etwas zu wünschen übrig.
Detlev Buck ist eine Augenweide
Stark ist Schauspielhaus-Ensemblemitglied Charly Hübner als dem Alkohol und dem Zocken verfallener Lindenberg-Vater Gustav; Julia Jentsch als Udos verehrte Mutter Hermine, die der Musiker nach dem ersten großen Erfolg in Gronau mit der Limousine beeindruckt, wirkt vor allem im späteren Verlauf der Geschichte und trotz der maskenbildnerischen Bemühungen arg jung. Aber Detlev Buck als schmieriger Musik-Talentsucher Mattheisen ist eine Augenweide.
"Lindenberg! Mach dein Ding!" – Die Weltpremiere in Hamburg
Der Film endet mit dem „Andrea Doria“-Konzert in der Musikhalle (heute Laeiszhalle). Dieses Konzert beginnt mit einem Beinahe-Fehlstart, denn Lindenberg, hervorragend gespielt von Jan Bülow, stürzt zu Beginn seines Auftritts die Showtreppe hinunter. Aber er rappelt sich wieder auf. Ganz wie im richtigen Leben. Für seine Rolle hat Bülow viele Lindenberg-Songs wie „Mädchen aus Ostberlin“ oder „Cello“ neu eingesungen und Schlagzeug gelernt.
Auftritt des Hauptdarstellers begann etwas wackelig
Doch auch der Auftritt des Hauptdarstellers begann am Dienstagmittag etwas wackelig. Bülow kam aus Wien eingeflogen, wo er am Burgtheater engagiert ist. Da der Hamburger Premiere eine Kinotour durch mehrere deutsche Städte folgen soll, hatte der 23-Jährige weitsichtig vorher sein Premieren-Outfit in die Reinigung gebracht. Was er allerdings übersehen hatte: In Österreich war der Montag dieser Woche ein Feiertag.
Die Geschäfte, natürlich auch die Reinigung, hatten geschlossen. Also kam der Schauspieler etwas „underdressed“ in Hamburg an. Aber dem Mann konnte geholfen werden. Ein Herrenausstatter an der Marktstraße öffnete seine Tür, obwohl auch dieses Geschäft eigentlich geschlossen hatte. Und eine Hose abzustecken und umzunähen ist für die Belegschaft des Hotels Atlantic, wo Bülow natürlich ebenso wie der Panikrocker, den er verkörpert, abgestiegen war, ein Klacks. „In Zukunft werde ich wissen, dass an diesem Tag in Österreich ein Feiertag ist“, schloss der Schauspieler.
Abends auf dem roten Teppich erschien er im feinen Zwirn und musste nicht lange auf sein Rollenvorbild warten. Udo Lindenberg kam und legte mit seinem Darsteller erst einmal ein kleines Tänzchen hin. Die beiden mögen sich ganz offensichtlich. Bevor Lindenberg schließlich im Kino verschwand, begrüßte er noch seine Fans hinter der Absperrung und gab ein paar Autogramme. Im Kino sagte der Musiker dann: „Die gute Hermine hat einen Film gezaubert über den lindividuellen Weg. Ich hatte dicke Tränen hinter der Sonnenbrille. Der Jan hat es fantastisch gemacht – du bist mein Stellvertreter auf Erden.“
Interessante Facts zu Udo Lindenberg
- Udo Lindenberg wurde am 17. Mai 1946 in Gronau in Westfalen geboren
- Er startete seine Karriere als Schlagzeuger
- Als einer der ersten Rockmusiker präsentierte er Texte in deutscher Sprache
- Rudi Ratlos, Elli Pyrelli, Bodo Ballermann: Die Figuren, die Udo Lindenberg in seinen Songs erfunden hat, haben Kultstatus
- Panik ist ein Lieblingswort von Udo Lindenberg: Seine Alben tragen Namen wie "Panik Udo", "Panische Nächte", " Meine Panik"
- 1980 produzierte er den Film "Panische Zeiten", in dem er in einer Doppelrolle sich selbst und den Detektiv Coolman spielt.
- Am 25. Oktober 1983 kam es zum ersten und bis zur Wende einzigen Auftritt von Udo Lindenberg in der DDR.
- Udo Lindenberg lebt seit 1968 überwiegend in Hamburg, seit Mitte der 90er Jahre im Atlantic Hotel
- Als erste Schule Deutschlands trägt seit Juni 2017 die Mittelschule in Mellrichstadt in Unterfranken den Namen Udo-Lindenberg-Schule
- Am 3. Oktober 2019 erhielt Udo Lindenberg das Bundesverdienstkreuz
- Am 7. Januar 2020 wird in Hamburg der Film "Lindenberg! Mach dein Ding" im Cinemaxx vorgestellt
Jan Bülow war zwar etwas aufgeregt vor dem Filmstart. „Alles ist heute das erste Mal für mich. Das habe ich noch nie gemacht“, staunte der Burgschauspieler, beruhigte sich aber schnell wieder. „Ich muss ja heute gar nichts mehr leisten.“
Auf dem roten Teppich erinnerte sich Michael Lehmann, Produktionschef von Studio Hamburg, daran, dass er den Film sieben Jahre lang vorbereitet hatte: „Der Abend heute ist pure Freude“, lachte er. „Die Zeit, die wir aus Udos Leben erzählen, die 50er- und 60er-Jahre, sind nicht so bekannt. Da gibt es noch viel zu entdecken.“ Julia Jentsch spielt im Film „Lindenberg! Mach dein Ding“ Udo Lindenbergs Mutter Hermine. „Ich war aufgeregt und sprachlos, als ich die Rolle bekam“, erzählt die Schauspielerin. Udo Lindenberg sei für sie immer schon eine faszinierende Persönlichkeit gewesen. „Das hat sich durch den Film nur noch verstärkt.“
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Nach der Premiere applaudiert das Publikum in Saal 1 minutenlang stehend in Richtung Udo Lindenberg und der Filmcrew, einige rufen „Bravo!“. Produzent Michael Lehmann sagt: „Udo, vielen Dank, dass du uns in dein Leben hineingelassen hast.“ Gestern wurde bekannt, dass „Lindenberg! Mach dein Ding“ auch in der Vorauswahl um den besten Spielfilm beim Deutschen Filmpreis steht.