Hamburg. Am 7. Januar feiert die Musiker-Biografie „Lindenberg – Mach dein Ding“ Weltpremiere. Die besten und schlechtesten Kino-Biopics.
Die besten Filme
Rumms, rumms, rumms, rumms: Mit Stampfen und Klatschen begrüßen die Gefangenen im Folsom State Prison den „Man in Black“: „Hallo, ich bin Johnny Cash“. In „Walk The Line“ erzählt Regisseur James Mangold 2005 von den großen Erfolgen und schweren Rückschlägen der Country-Legende. Wobei eigentlich nicht der Ruhm das Begehr von Johnny Cash ist, sondern das Herz von Sängerin June Carter. In „Walk The Line“ brillieren Joaquin Phoenix und Reese Witherspoon nicht nur schauspielerisch, sondern auch musikalisch.
Woodstock, Vietnam, Sex, Drugs, Rock ’n’ Roll, Club 27: Alles, was kulturell in den späten 60er-Jahren zu stecken schien, packte Oliver Stone 1991 in seinen Film „The Doors“, der zum Unmut der noch lebenden Musiker weniger die Geschichte der Band beschrieb, als die ihres Sängers Jim Morrison, der 1971 in Paris tot aufgefunden wurde. In so wilden wie verträumten, aber gern überzeichneten und frei erfundenen Bildern inszenierte Stone seinen glänzenden Hauptdarsteller Val Kilmer als Mischung aus Pop-Messias und Rock-Dämon, der sich allen Konventionen verweigerte.
Genial, überirdisch, ganz große Oper. Widerlich, geschmacklos, ganz große Farce. Bis heute scheiden sich an Miloš Formans „Amadeus“ die Geister. Aber auch wenn Wolfgang Amadeus Mozart kein überkandidelter und fäkalhumoriger Spaßvogel mit Punk-Perücke war, wie in diesem Film-Hit aus dem Jahr 1984, so ist er doch Hauptfigur in einem opulenten, geistreichen Kostüm- und Musikspektakel. Das gemeinsame Wirken und gegenseitige Ringen von Mozart (Tom Hulce) und dem Wiener Hofkomponisten Antonio Salieri (F. Murray Abraham) wartet bis zum finalen Requiem mit immer neuen Volten, Akten und Noten auf.
„Erzähl ein bisschen Wahrheit, und die Leute rasten aus“: Das ist seit jeher das Erfolgsrezept von Gangsta-Rap, und mit die ersten, die damit zu Superstars wurden, waren Ende der 80er-Jahre N.W.A, die „Niggaz Wit Attitudes“ aus Compton/Los Angeles. In den nur fünf Jahren ihres Bestehens etablierte das Quartett hedonistische Beschreibungen des Gang-Lebens im Hip-Hop – gegen so erhebliche wie verkaufsfördernde Widerstände der Behörden und Medien. Mit hervorragenden Nachwuchsschauspielern, darunter Ice Cubes Sohn O’Shea Jackson junior, verfilmte Felix Gary Gray 2015 diese von Gewalt, Zensur und Aufständen geprägte Hip-Hop-Ära in „Straight Outta Compton“.
Alkohol, Aufputschmittel, Heroin: Charlie Parker (1920–1955) ließ nichts aus, wenn es darum ging, sich zugrunde zu richten. In „Bird“ erzählt Clint Eastwood als Regisseur die Geschichte des sensiblen Jazz-Saxofonisten, dessen Ton so unverwechselbar war wie später der von John Coltrane. Forest Whitaker spielt dieses verlorene Genie am Rande des Abgrunds mit einer Intensität, dass sich die Nackenhaare aufstellen. Natürlich ein Muss für Jazz-Fans, aber auch als zutiefst menschliches Drama fesselnd. Dass es „Bird“ nur in einer lausigen, dunkel-unscharfen DVD-Version gibt, ist schlicht ein Skandal.
Die schlechtesten Filme
„90 Minuten Hardcore, echte Gefühle, guck’s dir an, ich bin der Geilste“: Dieses Zitat aus „Bang Boom Bang“ stammt zwar von Pornoproduzent Franky, es könnte aber auch die Filmidee von „Zeiten ändern dich“ sein: 2010 kamen Uli Edel und Bernd Eichinger auf die Idee, das Leben und die bis dato sieben Jahre währende Karriere des Berliner Hip-Hop-Stars Bushido zu verfilmen, gespielt von – Bushido.
Und so entstand dieser Film von und mit einem sich selbst überschätzenden mittelmäßigen Rapper ohne Schauspieltalent, der noch nichts zu erzählen hat, aber davon zu viel. Bushido ist eben kein Eminem und „Zeiten ändern dich“ daher kein „8 Mile“.
Ein umstrittener Superstar, die 60er-Jahre, Sex, Drugs, Rock ’n’ Roll, ein tragisches Ende mit nur 27 Jahren: Was in „The Doors“ von Oliver Stone hervorragend funktionierte, ging 2005 in Stephen Woolleys „Stoned“ total daneben. Woolley konzentriert sich hauptsächlich auf die letzten Lebensmonate und die von zahlreichen Theorien begleiteten Todesumstände des 1969 im Pool ertrunkenen Rolling-Stones-Gitarristen Brian Jones. Dabei ist die zehn Jahre lang recherchierte Faktenbasis immer noch zu dünn, der Cast kaum talentiert, sind Ausstattung und Drehbuch zu zweitklassig, um einer Ikone wie Brian Jones gerecht zu werden.
Schon zu Beginn der Dreharbeiten war die Empörung groß unter afroamerikanischen Künstlern: Nina Simone, eine der bedeutenden Kämpferinnen der Bürgerrechtsbewegung, wird in „Nina“ von der Latina Zoe Saldana und nicht von einer Schwarzen gespielt. Eine schmalere Nase, ein hellerer Teint – alles, um ein möglichst breites (weißes!) Publikum zu erreichen. Die Quittung: „Nina“ ist nicht nur ein künstlerisches Debakel, sondern wurde auch zum finanziellen Mega-Flop.
Es gibt ja Filme, von denen es heißt, sie seien so schlecht, dass sie schon wieder gut sind. Auf „Kinski Paganini“ von und mit Skandal-Klaus trifft das leider nicht zu. Die Biografie des „Teufelsgeigers“ und Komponisten Niccolò Paganini ist einfach nur wirr, überhitzt und extrem selbstverliebt. Dass Kinski nicht nur die Hauptrolle spielte, sondern auch Drehbuch, Regie und Schnitt übernahm, passt natürlich zum Größenwahn-Flair des Films. Mehr als ein Kuriosum ist er dennoch nicht.
Und dann ist da noch „Last Days“, die Spielfilm-Rekonstruktion der letzten Tage von Nirvana-Frontmann Kurt Cobain, der sich 1994 das Leben nahm. Offensichtlich wusste Regisseur Gus Van Sant nicht so recht, was er eigentlich erzählen wollte. Und erzählte deshalb – nichts. Ein bleiernes Drama, dessen 97 höhepunktlose Minuten sich wie 97 Stunden anfühlen. Smells like Teen Spirit? Nee, smells like Müllkippe.