Hamburg. Viele Helden des Rocks haben die Bilder für ihre Platten in Hamburg gemacht. Die Geschichte von 33 berühmten Covern.

Passend zum alten Medium Schallplatte ist es ein Buch, das mit alten Mythen der Hamburger Popgeschichte aufräumt – und neue bildet. Das Buch „Hamburg Vinyl“ von Christoph Dallach erzählt und bündelt erstmals die Geschichten hinter den Covern berühmter Platten, deren Bilder und Gestaltungen in Hamburg entstanden sind. Und erzählt so ganz nebenbei, was Wolfgang Joop mit der hanseatischen Popgeschichte zu tun hat und im Onkel Pö nicht nur Lindenberg, sondern auch die Talking Heads und U2 aufgetreten sind,.

Hendrix als Unschuld in Winterhude

Etwas misstrauisch lugt Jimi Hendrix im violetten Samtanzug vom Vinyl-Cover seines Albums „Purple Haze“. Das Bild entstand 1967 in der Körnerstraße in Hamburg-Winterhude und wurde von Fotograf Günter Zint aufgenommen. Hendrix wusste zu dem Zeitpunkt noch nicht, wohin die Reise ihn führen würde. Sein Manager hatte ihm die eigenwilligen Klamotten rausgelegt. Seine Plattenfirma wollte nicht recht was mit ihm zu tun haben, weshalb sich Hendrix ein paar Tage bei Zint einquartierte. „Da sitzt er mit seinen Kumpels an der Alster und weiß noch gar nicht, wie er das alles finden soll - und ein halbes Jahr später ist seine Weltkarriere in vollem Gange. Wenn man so will, ist das Albumcover ein Dokument der Unschuld“, meint Dallach im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.

Lennon war völlig von der Rolle

Der Musikjournalist hat für das Buch „Hamburg Vinyl“ die Geschichten hinter 33 Plattencovern recherchiert und zusammengetragen. Ausgewählt und an den Originalschauplätzen noch mal neu in Szene gesetzt hat sie der Hamburger Fotograf Bernd Jonkmanns, der auch die Idee für das Buch hatte. Das international bekannteste Motiv daraus ziert John Lennons Album „Rock'n'Roll“. Doch die Lässigkeit trügt, mit der die Beatles-Ikone an der Hauseingangsmauer in der Wohlwillstraße auf St. Pauli lehnt. „Die Platte erschien 1975 in einer Phase, in der Lennon völlig von der Rolle war und kaum noch in der Lage, Songs zu schreiben“, erklärt Dallach. „Er hat dann ein Album mit Coversongs aus „Star-Club“-Zeiten aufgenommen und das alte Foto dafür ausgewählt, weil er wohl der Unschuld der frühen Hamburg-Tage nachtrauerte. Für ihn war das die Seelenwäsche.“

Freddy Quinn und der Bahnhof Zoo

Ikonisch ist auch das Cover von „Wir Kinder vom Bahnhof Soul“ (2009) von Jan Delay. Die darauf abgebildete Sternbrücke mit den darunter beheimateten Szene-Clubs sind von der Gentrifizierung bedroht. Eine etwas klischeehaftere, verkitschte Version der Hansestadt gibt es mit dem Artwork von Freddy Quinns „Heimweh nach St. Pauli“ (1963): Der Schlagersänger steht am Hafen, blickt sehnsuchtsvoll in die Ferne - wie in seinen Liedern. Für 5 Euro soll diese Schönheit auf Flohmärkten zu haben sein. Solche nützlichen Hinweise für Vinyl-Sammler gibt das Buch eben auch.

Ja, die Talking Heads und U2 haben im "Onkel Pö" gespielt

Wer will, kann die einzelnen Orte anhand einer Landkarte ablaufen. „Hamburg Vinyl“ räumt zudem mit einigen Mythen auf. Zum Beispiel in Bezug auf den einst in Eppendorf ansässigen Musikclub „Onkel Pö“. „Immer wieder hört man die alten Musikfans sagen: "Das waren noch Zeiten, als sich Udo Lindenberg, Chet Baker und Gottfried Böttger auf der Bühne tummelten. Als die weg waren, war alles vorbei." Aber das ist totaler Quatsch! Denn als ich jung war, übernahm ein neuer Besitzer, und es spielten dort die Talking Heads, die Bangles und U2. Doch diese geile Zeit ist aus der Onkel-Pö-Geschichtsschreibung irgendwie ausradiert.“

Wolfgang Joops Cover für die Popperband "Hamburger Arroganz"

Das wohl schönste „Hamburg Vinyl“-Cover stammt übrigens aus der Feder von keinem Geringeren als Wolfgang Joop: Der Modedesigner zeichnete für die Single der Popper-Band "Hamburger Arroganz" den Jungfernstieg mit Blick auf die Alster. Dass dieses Juwel 32 Jahre nach seinem Erscheinen für schlappe 3 Euro zu haben sein soll, stimmt da fast ein bisschen wehmütig.