Tochter des Literaturkritikers moderiert eine Talkshow. Ein Gespräch über ihren Vater und Vorurteile über arbeitende Mütter.
Ihr Vater war Hamburgs großer Literaturkritiker Hellmuth Karasek, der 2015 gestorben ist – jetzt bekommt Laura Karasek ihre ersten eigenen TV-Sendungen. Die Juristin und Autorin vertritt mit ihrer Talkshow „Laura Karasek – Zart am Limit“ (ab 4. Juli, ZDFneo) Jan Böhmermann in der Sommerpause von „Neo Magazin Royale“ und präsentiert ab Juli die Reihe „7 Töchter“ auf Vox.
Für die ZDFneo-Sendung haben Sie sich selbst ins Gespräch gebracht, schüchtern sind Sie also nicht.
Ich bin eigentlich sehr schüchtern, aber ich kann es gut verbergen. Und per Mail oder im Chat ist man ja meist mutiger als im echten Leben. Ich habe ZDFneo eine E-Mail geschrieben, in der stand: „Lernen Sie mich kennen! Sie werden es nicht bereuen.“ Weil keine Antwort kam, habe ich eine Woche später noch mal geschrieben. Ich war ja zu dem Zeitpunkt nicht darauf angewiesen, weil ich noch in der Kanzlei gearbeitet habe – das hat mir natürlich die Situation erleichtert. So wie man auch viel besser flirten kann, wenn man in einer Beziehung steckt.
Wer sind Ihre ersten Talk-Gäste?
Ich wollte Brad Pitt und Quentin Tarantino einladen, aber ich traue mich nicht so richtig, denn wenn sie absagen, dann nehme ich das bestimmt persönlich. (lacht) Nein, ich versuche schon mein Netzwerk zu aktivieren, aber es fällt mir schwer, mich anzubiedern. Ich kann nur hoffen, dass manch einer freiwillig kommt ... Wir wollen aktuell sein, und deshalb laden wir die ein, die in der Woche gerade im Gespräch sind.
Wie häufig werden Sie als Hamburgerin gefragt, warum Sie nach Frankfurt gingen?
Ich sehe mich ja immer noch als Hamburgerin, aber ernte stets völliges Unverständnis dafür, dass ich weggezogen bin. Objektiv mag Hamburg die schönere Stadt sein, doch mich hat einfach das Kontrastreiche gereizt. Diese gedrillte Bankenwelt auf der einen Seite, auf der anderen Seite das Bahnhofsviertel, die schönsten Theater und Opern. Ich mag es nicht, wenn alles so glatt ist. Ich liebe es, wenn Intellektuelle mit Prolls zusammentreffen, denn ich bin auch ein bisschen von beiden – wahrscheinlich sogar mehr Proll. Im Übrigen kann man nicht immer an einem Ort bleiben, irgendwann ist jeder Platz besetzt. In Hamburg wusste ich, an dieser Ecke hatte ich meinen ersten Kuss, da saß ich nach meinem ersten Autounfall usw.
Sie möchten in Ihrer Sendung auch Klischees behandeln. Was sind die schlimmsten Klischees über eine Großstadt?
In der Großstadt ist es so anonym, da geht man unter und verloren. Überall Dreck, die Luft ist schlecht, die Menschen sind alle Egoisten, keiner hilft dem anderen. Das sind die Klischees. Ich bin jedoch totaler Fan der Großstadt. Ich würde auf dem Land verrecken.
Und die nervigsten Vorurteile über arbeitende Mütter?
Oh, herrlich, damit werde ich auch gerne konfrontiert. Kürzlich hat Amy Schumer einen Shitstorm geerntet, weil sie zwei Wochen nach der Geburt ihres Kindes wieder auf der Bühne stand. Ich habe auch abends oft gehört: „Musst du jetzt nicht langsam mal zu den Kindern?“ Selbst wenn man also die Bereitschaft hat, Karriere zu machen, wird man nach Hause geschickt. Ständig müssen sich Frauen rechtfertigen. Entweder sind sie Raben- oder Helikoptermütter. Oder der Vorwurf, man würde sich angeblich selbst verwirklichen wollen: Ich möchte arbeiten und Geld verdienen, ich gehe ja nicht ins Spa, sondern ins Büro.
Den Begriff Powerfrau finden Sie wahrscheinlich bescheuert?
Und wie. Das klingt wie eine spaßbefreite Drilldompteurin. Sowieso diese ganzen Anleihen aus dem Militär: Allzweckwaffe, Rakete, Spaß-Bombe … Solche Begrifflichkeiten brauche ich nicht. Ich habe meine arbeitende Mutter als Vorbild.
Und Ihr Papa?
Klar, der war ein sensibler Alphatyp und liebte die Frauen. Er hat meine drei Brüder und mich alle gleichbehandelt. Ich bin übrigens von uns Kindern die Außenseiterin: die Einzige, die Rechtswissenschaften studiert hat, was als konservativ, sachlich gilt. Meine Brüder haben sich für Geisteswissenschaften entschieden. Als Vorbereitung auf die Männerdomäne Großkanzlei waren meine Brüder und mein dominanter Vater übrigens die beste Schule, die ich haben konnte. Ich bin früh desillusioniert worden, was Männer betrifft. Wenn ich mir mit 15 meinen pubertierenden Bruder anschaute, dann dachte ich: Oh, mein Schwarm wird sich wahrscheinlich ähnlich komisch rumwälzen und sinnlos Computerspiele zocken, so anbetungswürdig ist er vielleicht doch nicht. (lacht)
Lieben Sie wirklich Männer mit Brusthaar?
Und wie. Ich mag Brusthaare. Die Gleichheit in der Bezahlung wäre wichtig, aber die Angleichung der Geschlechter? Nein danke.
Sie wirken so cool und lustig, ganz gute Voraussetzung für eine Moderatorin.
Ich mag aber vor allem Abgründe. Jeder, der nicht mal Liebeskummer hatte oder so richtig gescheitert ist, der verpasst doch die Hälfte vom Leben.
Stimmt es, dass Ulla Kock am Brink Ihr TV-Coach ist?
Ja, sie hat mir zwei gute Tipps gegeben: Trink nicht so viel vor der Sendung und zieh dich nicht zu sexy an. Wenn man ernst genommen werden will, dann sollte man nicht so viel Haut zeigen. Großes Problem. Was soll ich jetzt anziehen?