Hamburg. Seit dem 1. April hat die Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein einen neuen Chef. Helge Albers hat lange als Produzent gearbeitet.

Dass Helge Albers, der neue Chef der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein (FFHSH), nicht unbedingt zur Eitelkeit neigt, ist schon beim Fototermin festzustellen. Es weht eine steife Brise auf St. Pauli, die Haare fliegen mal hier- mal dorthin, von Frisur kann eigentlich nicht mehr die Rede sein. Eine Diva hätte wahrscheinlich längst die Krise bekommen, aber Albers stemmt sich gegen die Böen und lässt sich trotzdem ablichten. Wetterfestigkeit ist sicherlich keine schlechte Eigenschaft für seine neue Aufgabe, die er seit dem 1. April bekleidet.

Als Albers zum letzten Mal einen Fragebogen mit dem Feld „Berufswunsch“ ausfüllte – es ist lange her –, schrieb er „Produzent“ und nicht „Filmförderer“ hinein. Er hat lange in dem ersten Beruf gearbeitet, ist seit gut 20 Jahren im Filmgeschäft. „Ich habe gedacht, das bleibt für immer so“, sagt der 45-Jährige. Mit einer Partnerin hatte er eine Produktionsfirma in Berlin, wurde dann aber „irgendwann von der Insolvenz erwischt“ und wagte später einen Neuanfang mit einer anderen Firma. Als er hörte, dass in Hamburg die Geschäftsführung der FFHSH frei werden würde, war seine spontane Reaktion: „Das mache ich auf keinen Fall.“ Der Gedanke, nicht mehr zu produzieren, kam ihm zu seltsam vor.

Erste Zweifel nach einer Woche

Nach einer Woche hatte er erste Zweifel. „Ich habe darüber nachgedacht, was bedeutet eigentlich Filmförderung in Zeiten, in denen sich so viel ändert: die Chronologie der Auswertung, die Finanzierung, Stoffentwicklung und die Aufmerksamkeitsspanne des Publikums? Wo muss man Bestehendes bewahren, wo muss man etwas verändern?“ Dann gefiel ihm die Idee doch, und der Reiz des Neuen setzte sich durch.

Als FFHSH-Chef fällt Albers aus der Reihe. Bisher wurde die Institution von Frauen geleitet, die aus Bayern stammten und einen biblischen Vornamen hatten: Maria Köpf und Eva Hubert. Und nun kommt ein Mann, ein Atheist, der in Potsdam geboren ist, dessen Vater aus Oldenburg stammt. Durch seinen Nachnamen hat er natürlich einen Hamburg-Bezug, auch wenn er dem blonden Hans nie begegnet ist. Albers will jetzt die Filmindustrie in beiden Bundesländern, aber auch die Filmförderung genauer kennenlernen. „Hamburg ist handlicher als Berlin, die Wege sind kürzer“, ist ihm in seinen ersten Tagen hier aufgefallen. „Ich hoffe, das bedeutet auch, dass man Ideen schneller umsetzen kann.“

Serienförderung anschieben

Wir treffen uns am Hein-Köllisch-Platz, den er „mein verlängertes Wohnzimmer“ nennt, denn der Fan des FC St. Pauli lebt hier ganz in der Nähe. „Die Atmosphäre hier ist angenehm, entspannt und weltoffen“, findet er. In Berlin hatte er auf einem ähnlichen Kiez gelebt, war aber schon seit 17 Jahren nicht mehr umgezogen und hofft jetzt: „Jede Änderung hat auch eine neue Energie.“

Besonders am Herzen liegt ihm, die Serienförderung anzuschieben. „Da sind wir im Bundesvergleich sehr weit hinten. Aus dem bestehenden Fördertopf können wir das nicht bedienen, das ginge zu Lasten des Kinos. Es gibt Serien, die in Hamburg gedreht werden wollen, die darf man nicht ziehen lassen.“ Dieses Defizit sei aber in der Kulturbehörde bekannt. Man suche nach Lösungen.

Ein weiterer Mangel ist ihm aufgefallen: „Hamburg hat in Stoßzeiten zu wenige Teams. Für junge Leute ist es nicht mehr so schillernd wie früher, beim Film zu arbeiten.“ Viele Jugendliche gehen heute selten ins Kino, gucken lieber Serien auf dem heimischen Sofa. „Um das zu ändern, braucht man ansprechende Inhalte.“ Er weiß das auch von seinen eigenen Kindern. Albers hat einen 16 Jahre alten Sohn und eine 13 Jahre alte Tochter. Beide leben in Berlin.

Deutsch-chinesische Koproduktionen

Aufgewachsen ist Albers in der Nähe von Potsdam. „Die Olsen-Bande war für mich ein wichtiger filmischer Anker“, sagt er lachend. Es wurde aber auch viel West-Fernsehen geguckt. Heute schwärmt er von Fatih Akins „Der Goldene Handschuh“. „Ich finde, das ist einer seiner besten Filme überhaupt.“

Zu Albers’ Erfolgen als Produzent zählt der Wacken-Film „Full Metal Village“ von Cho Sung-hyung. Allein im Abaton hatte die Dokumentation 10.000 Zuschauer. Mit seiner neuen Produktionsfirma hat sich Albers zuletzt für deutsch-chinesische Koproduktionen engagiert.

Irgendwann hat auch ein Filmförderer mal Feierabend. Albers möchte in die Hamburger Kulturszene eintauchen, interessiert sich für Konzerte, Tanz und Theater, hat schon zwei Ausstellungen in den Deichtorhallen besucht. Er stellt gern Möbel aus alten Materialien wie Bohlen oder Paletten her. Da er auch noch gern Fahrrad fährt, will er seinen Aktionsradius zügig in das nördlichste Bundesland ausdehnen. Wahrscheinlich hätte er dabei dann lieber Rücken- als Gegenwind.

„Hallo Helge“ Gespräch zwischen Albers und Matthias Elwardt, Do 25.4., 18.30, Zeise (S Altona), Friedensallee 7-9