Hamburg. Das Haus am Lerchenfeld könnte durch den EU-Austritt Großbritanniens Probleme bekommen und sorgt vor.
Paul Glaser hat vorgesorgt. Bei der nächsten Premiere im English Theatre am 25. April werden nur Schauspieler mit einem irischen Pass auf der Bühne stehen. „Wir mussten sicher gehen, dass der Brexit uns nicht in die Quere kommt“, sagt der stellvertretende Leiter der Bühne am Lerchenfeld. Glaser ist beunruhigt, weil nicht abzusehen ist, wie das britische Parlament in dieser Woche über den Austritt Großbritanniens aus der EU entscheiden wird. Ob es einen geregelten Ausstieg gibt oder einen ungeordneten, den sogenannten No-Deal. „Erst wenn wir genau wissen, welche Entscheidung in London getroffen worden ist, können wir reagieren“, sagt Glaser mit Blick auf die Besetzung kommender Stücke. Immerhin hat der Regisseur und Theaterleiter verschiedene Optionen.
Bei Holly Smith ist das anders. Die Schauspielerin aus London steht zur Zeit sechsmal pro Woche in „Beauty Of The Father“ auf der Bühne des 160-Plätze-Theaters. Smith ist im Moment festangestellt und hat einen Vertrag über vier Monate am English Theatre: „Ich hoffe, dass es einen Brexit-Deal gibt, allerdings bin ich nicht sehr optimistisch. Für uns Schauspieler ist die ganze Situation ein ziemlicher Schlamassel, weil wir in der Luft hängen.“
Denkbar wäre, in London zu proben
Für die 37-Jährige waren Engagements auf dem Kontinent bisher unbürokratisch. „Ich konnte einfach ins Flugzeug steigen, zu den Proben und zum Spielen herkommen“, sagt sie. Das wird in Zukunft möglicherweise nicht mehr so einfach gehen. Briten, nach einem Brexit keine EU-Bürger mehr, dürften sich nur noch 90 Tage ohne Visum in Deutschland aufhalten, zu kurz für das English Theatre, das seine Schauspieler länger beschäftigt.
Smith arbeitet bereits zum vierten Mal in Hamburg. Zwar hat sie nach der Ausbildung an einer der zehn Theaterschulen in London auch im dortigen Westend gespielt und für Film und Fernsehen gearbeitet, doch gerade im Theater ist die Konkurrenz groß und Engagements im Ausland sind sehr lukrativ. „Wir möchten auch in Zukunft mit britischen Schauspielern arbeiten und ich bin sicher, dass wir das schaffen. Aber es wird viele bürokratische Hemmnisse geben“, ahnt Paul Glaser.
Denkbar wäre etwa, in London zu proben, so dass die Schauspieler die 90-Tage-Frist nicht überschreiten. Holly Smith hat bereits begonnen, so zu arbeiten. „Wenn ich im April nach London zurückkehre, spreche ich für ein Stück in Wien vor. Aber geprobt wird in London, so dass der Vertrag kürzer ist“, berichtet sie.
Auswahl wird in Zukunft weniger groß sein
Paul Glaser wartet die Brexit-Entscheidung für seine Planung der neuen Saison ab. „Nach der Premiere von ,Moonlight And Magnolias’ Ende April gehen wir in die Sommerpause und gewinnen etwas Zeit. Abhängig von der Brexit-Entscheidung werden dann Ende Mai oder Anfang Juli die Auditions in London stattfinden.“
Nach Dublin muss er nicht fliegen, um Schauspieler zu finden: „Viele der irischen Schauspieler leben und arbeiten in London. Für ,Moonlight And Magnolias’ habe ich nur einen Tag gesucht“, sagt Glaser. Doch die Auswahl wird in Zukunft weniger groß sein: Vor dem Brexit gab es 150 bis 180 Bewerbungen – vor allem aus Großbritannien – für jede Rolle am English Theatre.