Hamburg. . Zum Abschied spricht Köpf darüber, was die Hansestadt als Drehort attraktiv macht und wo sie hinter ihren Möglichkeiten zurückbleibt.
Sie hat noch einen Koffer in Berlin … Nach etwas mehr als drei Jahren verlässt Maria Köpf ihr Büro bei der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein und geht zurück in die Hauptstadt, wo sie in Zukunft als eine Geschäftsführerin der Deutschen Filmakademie arbeiten wird. Aus Berlin war die 56-Jährige, die in München geboren wurde, auch in die Hansestadt gekommen. Während ihrer Amtszeit konnten aus Hamburg geförderte Filme zahlreiche Preise gewinnen.
Wie sieht Ihr Fazit nach drei Jahren Hamburg aus? Hinter Ihnen liegt eine ziemlich ereignisreiche Zeit.
Maria Köpf: Ich freue mich, diese Zeit in Hamburg verbracht zu haben und finde, dass hier spannende Dinge passiert sind. Es gibt jetzt eine gesteigerte Sichtbarkeit für diesen Filmstandort. Wir haben einige Erfolge feiern können. Ich finde, mein Nachfolger Helge Albers kann ein gut bestelltes Feld übernehmen.
Was waren die Höhepunkte?
Köpf: Der Golden Globe und die Lolas für „Aus dem Nichts“. Nicht nur Fatih Akin ist ausgezeichnet worden, Hark Bohm hat den Ehrenpreis bekommen, und „3 Tage in Quiberon“ hat abgeräumt. Die Berlinale lief in diesem Jahr auch sehr gut, wir hatten zwei Filme im Wettbewerb. Neben Akins „Der Goldene Handschuh“ haben wir uns sehr über den Erfolg von Nachwuchsregisseurin Nora Fingscheidt mit „Systemsprenger“ gefreut.
Gab es Tiefpunkte?
Köpf: Das klingt mir zu negativ, Hamburg hat aber noch viele ungenutzte Möglichkeiten. In Bezug auf manche Themen bleibt der Standort noch hinter seinen Möglichkeiten zurück.
Bei welchen?
Köpf: Wir hätten gern für Serien mehr getan, die an den meisten anderen Standorten längst ein Thema sind. Viele junge Talente interessieren sich gerade dafür. Wir haben das aber nur zögerlich verfolgt, weil wir uns voll auf das Kino konzentriert haben. Das ist immer noch der Premium-Ort, wo Aufmerksamkeit generiert wird und die Interaktion mit dem Publikum stattfindet. Wir wollen Hamburg und Schleswig-Holstein im Kino sehen. Auf die Serien haben wir bisher verzichtet, um die anderen Förderbereiche nicht zu beschädigen. Hier gibt es eine sehr lebendige Animationsfilmbranche, die tolle Erfolge feiert. Wir haben auch viele talentierte junge Regisseure. Wenn wir Serien fördern würden – da muss man ja einiges Geld auf den Tisch legen – wo sollte ich dieses Geld wegnehmen?
Wo liegt die Lösung?
Köpf: Vielleicht sollte man in Zukunft noch stärker investieren. Wir reden mit den politisch Verantwortlichen.
Mit welchen Vorsätzen sind Sie vor gut drei Jahren hierhergekommen?
Köpf: Hamburg war für mich nach Berlin immer schon der zweite Standort in Deutschland. Ich wollte den Spirit dieser Stadt erleben. Es hat viel Spaß gemacht, darüber nachzudenken, wie man den Filmstandort nach vorn bringen kann. Wir hatten hier einen regen Austausch mit den Kreativen, haben mithilfe unserer Film Commission und der Kulturbehörde die Drehfreundlichkeit der Stadt erhöht. An unseren runden Tischen saßen Vertreter der wichtigsten Motivgeber der Stadt, der Elbphilharmonie, des Hafens, Hamburg Wasser. Das hat sehr gut funktioniert. Man hat jetzt das Gefühl, dass man gemeinsam an einem Strang zieht. Die Originalmotive sind unser großes Plus, weil wir, anders als Babelsberg, kein riesiges Studiogelände anbieten können. Das sieht man zum Beispiel in „Rocca verändert die Welt“, aber auch in „Drei Engel für Charlie“, der zeigt, dass sich auch eine internationale Regisseurin in die Stadt verguckt hat.
Und trotzdem verlassen Sie Hamburg. Dominieren da private oder berufliche Gründe?
Köpf: Es sind überwiegend private. Ich hatte einen Dreijahresvertrag, den habe ich erfüllt. Als jetzt die Verlängerung um weitere fünf Jahre anstand, konnte ich mich einfach nicht durchringen, meinen Koffer, den ich noch in Berlin stehen habe, ganz hierherzuholen. Er hat mich wieder zurückgezogen.
Werden Sie etwas vermissen?
Köpf: Nachts über die Köhlbrandbrücke zu fahren und den Hafen zu sehen. Ich war bisher übrigens nicht in der Kiezkneipe Zum Goldenen Handschuh.
Welche sind für Sie die besten Hamburg-Filme aller Zeiten?
Köpf: „Absolute Giganten“, aber da bin ich parteiisch, weil ich für X-Filme gearbeitet habe. „Soul Kitchen“. Im vergangenen Jahr habe ich noch einmal „Nordsee ist Mordsee“ gesehen – tolle Impressionen! Ich mag auch „Rocker“ von Klaus Lemke.
Was nehmen Sie sich für Ihre neue Aufgabe bei der Filmakademie vor?
Köpf: Das Filmförderungsgesetz muss novelliert werden. Ich möchte zu der Diskussion beitragen, wo es mit dem deutschen Kinofilm hingeht. Ich möchte dafür sorgen, dass er weiterhin produziert werden kann und die Kreativen das gern machen. Zurzeit spürt man ein Gefühl der Frustration, weil viele zur Serie abwandern. Aber ich habe das Gefühl, einige Filmschaffende kommen gerade wieder zurück und wollen auch gern wieder Kino machen.
Hat Hamburg alles, was die Stadt braucht, um auch in Zukunft ein guter Filmstandort zu sein?
Köpf: Die DNA der Stadt ist gar nicht so leicht zu durchschauen, das braucht seine Zeit. Ich weiß auch nicht, ob mir das ganz gelungen ist. Aber hier ist die Erkenntnis gereift, dass Kultur auch wichtig für einen starken Wirtschaftsstandort ist. Die Elbphilharmonie hat natürlich für internationales Renommee gesorgt. Im Vergleich zu diesem Dickschiff wirkt der Film natürlich nur wie eine Barkasse, aber die Branche sendet positive Bilder in die Welt. Für jeden Euro, der in die Filmförderung gesteckt wurde, kamen 2018 bis zu 2,90 Euro zurück.
Was wissen Sie jetzt, kurz vor Ihrer Rückreise, über Hamburg, was Ihnen so vorher nicht klar war?
Ich habe viel über den Norden gelernt. Es macht Spaß, hier zu leben. Dabei bin ich ja eigentlich sogar Süddeutsche, hatte also mit Häfen und Meer von Haus aus gar nichts am Hut. Das war für mich alles eine große Bereicherung. Privat blicke ich auf viele schöne Momente und großartige Menschen zurück. Vielleicht wandert mein Sehnsuchts-Koffer demnächst von Berlin nach Hamburg.