Hamburg. Die Jubiläumsgala zum 125. Geburtstag des Hansa Theaters begeistert das Publikum mit Akrobatik, Kabarett und Puppenspiel.

„Hach, war das schön!“, seufzt eine Zuschauerin, als der letzte Vorhang gefallen ist. Zumindest der letzte für diesen Gala-Abend, an dem das Hansa Theater sein 125-jähriges Bestehen zelebriert. Anlässlich des Geburtstags, zu dem am Dienstagabend zahlreiche Persönlichkeiten aus Politik, Kultur und Medien in das plüschige Varieté am Steindamm strömen, hat das Haus die Spielzeit bis zum 31. März verlängert. Unter den fast 500 geladenen Gästen sind außer Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) auch Ex-„Tagesschau“-Sprecher Jo Brauner, ARD-Moderator Gerhard Delling sowie die Schauspielerinnen Eva Mattes und Hannelore Hoger.

Die Jubiläumsfeier ist exakt terminiert: Auf den Tag genau vor 125 Jahren, am 5. März 1894, öffnete das Hansa Theater das erste Mal seine Türen und gehört damit zu den ältesten Varietés in Deutschland. 2001 kam nach 108 Spielzeiten und mehr als 30 Millionen Besuchern das vorläufige Aus. Auf Initiative von Vivian Hecker, Leiterin Marketing & Events beim Hamburger Abendblatt, die sich mit den Intendanten des St. Pauli Theaters, Thomas Collien und Ulrich Waller, zusammenschloss, wurde die Geschichte des Amüsier-Tempels seit 2009 weitergeschrieben. „Ich bin stolz darauf, dass wir es gemeinsam geschafft haben, dass das Schmuckstück am Steindamm noch existiert“, sagt Vivian Hecker am Jubiläumsabend.

Die Gastgeber kommen im Frack

Die Gastgeber Collien und Waller treten, dem Jubiläum angemessen, in Frack und Zylinder vor das Publikum und werden mit frenetischem Applaus begrüßt. In ihrer Begrüßungsrede schwärmen sie von der „puren Nostalgie“, die „in der schönsten Schmuckschatulle der Stadt“ zu atmen sei – „Man könnte auch einfach sagen, eine geile Hütte.“ Traurig wird es, als die beiden an Gastronom Rüdiger Kowalke erinnern, der vor drei Wochen gestorben ist. Sein Fischteller im Hansa Theater ist legendär. „Wir sind bei euch“, sagt Waller an Familie Kowalke gerichtet und schafft es kurz darauf, die Trauer ein wenig vergessen zu machen, als er Rüdiger Kowalke mit Blick gen Theaterdecke direkt anspricht: „Ich stelle mir vor, wie du Gott fragst, ob er lieber Sylter Royal oder Fines de Claire essen will.“

Mit einem kleinen Seitenhieb auf Kultursenator Carsten Brosda (SPD), der seinen Urlaub im Gegensatz zu Bürgermeister Peter Tschentscher für die Gala nicht unterbrochen hat, wird dieser als „der größte Seiltänzer der Stadt“ von den Gastgebern auf die Bühne gebeten. „Wer hat nicht schon alles auf dieser Bühne gestanden. Hans Albers, Josephine Baker – und jetzt ich“, beginnt Tschentscher sein Grußwort. Das Jubiläumspublikum lacht.

Conferéncier Robert Kreis ist ein Meister der alten Schule

Und gelacht, das wird in guter Tradition an diesem Abend viel. Conferéncier Robert Kreis, ein Meister der alten Schule, der perfekt ins Ambiente aus Plüsch, Rüschen, Gold und Nostalgie passt, führt mit niederländischem Akzent und charakteristischem Menjou-Bärtchen ganz im Zeichen der 1920er-Jahre launig durch das Programm: eine gelungene Mischung aus Artistik, Kabarett, Puppenspiel und Jonglage. So überzeugen gleich mehrere Artisten mit ihrer unnachahmliche Körperbeherrschung und ihrem extrem ausgeprägten Gleichgewichtssinn. Äquilibristin Maria Sarach sorgt mit ihren geschmeidigen Verrenkungen gleich zu Beginn der Show für schmerzvolle Laute aus dem Publikum und bei einem der stärksten Auftritte, dem ukrainischen Duo Kvas, stockt spätestens bei der spektakulären Kopf-auf-Kopf-Nummer allen der Atem.

Kabarettist Matthias Deutschmann bringt das Publikum in siebenminütiges Dauergelächter

Eventuell aufgekommene Müdigkeit nach der Pause vertreiben die Saly Brothers, die mit klackernden Bolas zu südamerikanischen Trommel-Rhythmen nicht nur sich selbst das Puder aus den langen Locken wirbeln, sondern auch einer Freiwilligen aus dem Publikum die Haare zu Berge stehen lassen. Den Abschluss dieses furiosen Gala-Abends bildet das Jonglage-Duo Strahlemann & Söhne: Die Herren pellen sich aus ihren schnieken Anzügen, während sie sich spielerisch ihre Keulen zuwerfen, um sich direkt im Anschluss und ohne auch nur ein einziges Mal eine Keule fallen zu lassen, jonglierend die Klamotten ihres Gegenübers anzuziehen. Besonders viel Applaus gibt es auch für die mitreißend aufspielenden Hansa-Boys, die sich in die Herzen der Zuschauer swingen.

Hier findet sich die schönste Toilette Hamburgs

Außer den Künstlern sorgt jedoch auch das unverwechselbare Interieur des Theaters, seit 1953 unverändert, für Begeisterung – und dabei keineswegs nur die Tischchen, Lämpchen oder Kellner-Rufschalter im Saal. „Das ist die schönste Toilette Hamburgs“, heißt es im Untergeschoss, bevor mehrere Damengrüppchen sich für ein Erinnerungs- foto vor den Toiletten-Spiegeln positionieren. Nostalgie auf allen Ebenen.