Hamburg. Johnny Lloyd inszenierte “Without Words – Melting Point Dance“. Uraufführung in Hamburg geriet teils beliebig und war doch berührend.
Am Dienstag wird Kirill Petrenko das Bundesjugendorchester in der Elbphilharmonie dirigieren, auf dem Programm stehen unter anderem Igor Strawinskys „Le Sacre Du Printemps“ und Leonard Bernsteins Symphonic Dances aus „West Side Story“. Große Kompositionen, die im Konzerthaus gebührend präsentiert werden. Und doch fehl am Platz sind: Es sind Bühnenwerke, Stücke zu denen getanzt werden will. Und das funktioniert in der Elbphilharmonie nur bedingt.
Im Rahmen des Begleitprogramms Elbphilharmonie+ hat Choreograf Johnny Lloyd gemeinsam mit dem Musiker Sven Kacirek und Studierenden der Contemporary Dance School Hamburg (CDSH) ein Stück auf Basis der am Dienstag gespielten Kompositionen entwickelt, uraufgeführt jetzt auf Kampnagel: „Without Words – Melting Point Dance“. Das heißt: Kacirek spielte an Schlagwerk, Piano und Elektronik rhythmische Strukturen, und Lloyd choreografierte dazu einen dreiteiligen Abend, der sich inhaltlich grob an Strawinskys „Sacre“ orientiert, allerdings getrieben ist von Kacireks Neukomposition.
Spannung zwischen Kultur und Natur
Thema sind Geburt, Stamm und Maßlosigkeit als menschliche Grundprinzipien. Auf der Bühne wurde so organische Bewegung zu formierter Choreografie, die sich immer wieder ins Individuelle flüchtete – spannend an dem Stück ist, kurz gefasst, die Spannung zwischen Kultur und Natur. Die fließende Entwicklung verdeutlichte, auf welch hohem Niveau an der CDSH gearbeitet wird: Mühelos wechselten die Tänzer zwischen künstlerischen Sprachen, schöpften Bewegungen aus sich selbst, um darauf zum strengen Spitzentanz zu wechseln – und sich von diesem in einer nur halb ironischen Szene als hartem Drill zu distanzieren.
Ästhetisch rutschte das manchmal ins Beliebige, wurde zur Nummernrevue, die Flamenco, erotische Pose, Gendertrouble und orgiastisches Zucken integrieren wollte. Sei’s drum – „Without Words“ berührte, und selbst das von
der Elbe nach Winterhude transferierte Publikum hatte die für die Elbphilharmonie typische Unkonzentriertheit nach wenigen Minuten vergessen.