Hamburg. Dank spezieller „Theatervarianten“ sollen ab sofort auch kleinere Shows und Konzerte in der Halle am Volkspark einen Platz finden.
Dass die Theaterproduktion „Harry Potter und das verwunschene Kind“ im Frühjahr 2020 nach Hamburg kommt und hier viele Jahre laufen soll, ist in erster Linie eine gute Nachricht für die Kulturstadt Hamburg. Es bedeutet aber auch, dass das Mehr! Theater am Großmarkt wegen der notwendigen Umbaumaßnahmen bereits im Mai 2019 den Betrieb einstellt und für die bislang hier regelmäßig veranstalteten Konzerte und Shows andere Orte gefunden werden müssen. Dass das CCH wegen der laufenden Sanierungsarbeiten voraussichtlich erst ab 2020 wieder zur Verfügung steht, verschärft die Lage noch.
Doch nun springt die Barclaycard Arena in die Lücke. Die Betreiber bieten ab sofort Veranstaltern unter dem Motto „Die große Arena ganz klein“ verschiedene „Theatervarianten“ an. Hier soll je nach Wunsch Platz für ca. 2400 bis ca. 4000 Besucher sein, sowohl eine teilbestuhlte als auch eine komplett bestuhlte Version ist möglich. „Dieses Angebot ist brandneu und war bisher noch nicht in Gebrauch“, sagt Pressesprecher Marc-Oliver Pabst. Man betrachte es als eine Antwort auf die prekäre Hallensituation in Hamburg. Für den 14. Februar 2019 ist die erste Veranstaltung in der Theatervariante geplant: ein Konzert mit der Musik der Videospiel-Serie „Final Fantasy“. Weitere bislang bestätigte Buchungen: Chris de Burgh (10. November), die Chippendales (22. November) und Lisa Stansfield (27. November).
Barclaycard Arena wirbt mit ihrer Flexibilität
Insgesamt sind die Reaktionen der großen Veranstalter derzeit noch gemischt. So sagt Timo Hoppen, Projekt- und Niederlassungsleiter des Hamburger Büros der Semmel Concerts Entertainment GmbH: „Dass das Mehr! Theater ab Mitte 2019 nicht mehr zu buchen ist, ist eine mittelschwere Katastrophe für den Hamburger Veranstaltungsmarkt. Sicher versuchen wir in anderen Häusern, wie der Barclaycard Arena, Bestuhlungsversionen zu entwickeln, die die nun entstehende Lücke füllen. Ideal ist es allerdings nicht.“ Die Atmosphäre in einem Theater lasse sich nicht mit der in einer Arena vergleichen, außerdem seien die Produktionskosten höher, weshalb künftig mit höheren Eintrittspreisen gerechnet werden müsse. Es sei davon auszugehen, dass aufgrund der Hallensituation „einige Produktionen und Veranstaltungen in Hamburg keine Spielstätte finden“.
Ähnlich äußert sich auch Christian Wiesmann, verantwortlich für die Hamburg-Veranstaltungen bei FKP Scorpio: „Es ist ja hinlänglich bekannt, dass in Hamburg eine Halle mit einer Kapazität zwischen 3000 und 5000 Besuchern fehlt. Dieser Umstand und die Tatsache, dass auch gerade bei großen Konzerten und Open-Air-Shows jenseits der 20.000 ein Mangel an passenden Orten bzw. freien Terminen herrscht, führt immer wieder dazu, dass Hamburg auf dem Tourneeplan mancher Künstler und Bands gar nicht erst auftaucht bzw. ursprünglich hier geplante Shows in andere Städte wie Hannover abwandern.“ Die „Theatervariante“ der Barclaycard Arena schaue man sich an, habe zum jetzigen Zeitpunkt dort aber noch nichts gebucht. Dazu sei es noch zu früh.
Verkleinerte Variante der Barclaycard Arena
Bei Karsten Jahnke plant man bereits mit der neuen, stark verkleinerten Variante der Barclaycard Arena; sie sei „eine Option“, sagt Pressesprecher Frehn Hawel. Und fügt hinzu, das Mehr! Theater werde auf jeden Fall fehlen. Was Hamburg brauche – da sind sich die Veranstalter grundsätzlich einig – sei eine Halle mit Platz für bis zu 4000 Besucher in Innenstadt-Nähe.
Tatsächlich ist im Zusammenhang mit der Barclaycard Arena, die ja jetzt Varianten in genau dieser Größenordnung anbietet, ein psychologisches Moment nicht zu vernachlässigen, auch darüber wird in Veranstalterkreisen gesprochen. Barclaycard Arena, das stehe gefühlt für ein großes Arenakonzert mit bis zu 16.000 Besuchern. Wenn dann zu einem Auftritt in der „Theatervariante“ nur 3000 Fans kommen, könne das wie ein Misserfolg wirken. Ein mit 1600 Besuchern ausverkaufter Auftritt derselben Band etwa in der Großen Freiheit 36 würde hingegen als ein riesiger Erfolg empfunden. Irrational, gewiss, aber zu bedenken.
220 Veranstaltungen pro Jahr
In der Vergangenheit fanden im Mehr! Theater etwa 220 Veranstaltungen pro Jahr statt, dazu gehörten auch zahlreiche internationale Showproduktionen wie „Billy Elliot“, „Dirty Dancing“ und „Flashdance“. Diese könnten vermutlich relativ leicht in einer verkleinerte Barclaycard Arena verlegt werden. Was Konzerte betrifft, so wirbt die Arena damit, in Sachen Größe sehr flexibel zu sein und etwa auf eine unvermutet starke Kartennachfrage schnell reagieren zu können. „Bei ausverkaufter Variante: Einfach ohne Locationwechsel in die nächstgrößere Variante wechseln“, heißt es dazu in der zehnseitigen Infobroschüre.
Die nächsten Monate dürften zeigen, ob dieser Vorstoß tatsächlich erfolgreich ist und substanziell hilft, die Lücke zu schließen, die die für Mai 2o09 avisierte Schließung des Mehr! Theaters hinterlässt.