Hamburg. Die Sängerin kommt in fünf Outfits auf die Bühne im Hamburger Mehr! Theater. Am Ende sind aber nicht alle Fans begeistert.

Bevor sie „A Lifetime To Repair“ singt, stößt Kylie Minogue erst einmal mit ihren Tänzern an. „Health, happiness and love“, also „Gesundheit, Glück und Liebe“ heißt ihr Trinkspruch, bevor sie über vergangene Liebesdramen in ihrem Leben singt. Der Song stammt vom aktuellen Album „Golden“ und das gibt der Tournee auch den Namen, mit dem der australische Popstar gerade durch Europa reist. Das Konzert im seit Wochen ausverkauften Hamburger Mehr! Theater ist das letzte auf dem europäischen Festland, anschließend geht die Konzertserie in Irland und in Australien weiter.

Vor allem in Großbritannien ist die Popularität der 50 Jahre alten Sängerin ungebrochen. Dort ist sie gerade in großen Arenen aufgetreten, in Hamburg gastierte sie zuletzt 2011 in der Halle am Volkspark, als sie noch O2 World hieß und die dreimal so groß ist wie das Mehr! Theater. Ihre Fans feiern die Sängerin, die alle nur Kylie nennen, bedingungslos. Sie hat mehr männliche als weibliche Anhänger, gerade bei Leuten aus der Gay-Szene ist sie extrem beliebt. Eine ganze Reihe von Besuchern ist extra aus Großbritannien nach Hamburg gekommen, um Konzert und anschließenden Reeperbahn-Bummel miteinander zu verbinden.

Die Sängerin sucht den Kontakt zum Publikum

Die zarte Australierin, die nur 1,52 Meter misst, genießt die Nähe zu ihren Anhängern. Immer wieder geht sie an die Bühnenrampe, freut sich über die euphorischen Zwischenrufe und schäkert mit einzelnen Verehrern. Vor „Especially For You“, dem Cover eines Jason-Donovan-Songs, holt sie eine Teenagerin auf die Bühne und tanzt mit ihr, einem Mann, der ganz vorne in der dicht gedrängten Menge steht, schenkt sie eine Rose. Immer wieder bricht sie die Dramaturgie ihrer fast zweistündigen Show auf und sucht den Kontakt zu den Fans.

So fanden die Kylie-Fans das Konzert

Andrea Viehweg, Hannover, 47

„Ich fühle mich in die 90er-Jahre zurückgesetzt und bin total begeistert. Ich hätte nicht gedacht, dass es so toll wird. Auch vom Publikum, das so gut mitgegangen ist. Es war ein großartiger Abend.“

Eva Rödemester, Langenhorn, 45

„Das Konzert hat mich nicht überzeugt. Sie hat viel nicht selbst gesungen, sondern das ihren Backgroundsängerinnen überlassen. Sie hat sich auf der Bühne auch nicht sehr viel bewegt, ich glaube, sie war angeschlagen. Insgesamt ein enttäuschendes Konzert."

Lukas Armbruster, Mannheim, 24

„Ich bin extra aus Mannheim nach Hamburg gekommen, um Kylie zu sehen. Ich bin großer Fan. Sie hat es immer noch drauf. Man merkt, dass sie ein Showgirl ist. Mir hat es sehr gut gefallen.“

Annegret Schulz, Poppenbüttel, 42

„Es war wunderbar. Sie hat die alten Liedern mit dem neuen Album gut kombiniert und die alten Hits anders interpretiert. Das war toll.“

1/4

Die Show ist in fünf Akte gegliedert, in der Kylie jeweils in einem neuen Outfit zurück auf die Bühne kommt, immer auf High Heels mit gefährlich dünnen Absätzen. Los geht’s mit „Golden“ und einem Wildwest-Ambiente, wobei nicht klar zu erkennen ist, ob auf den Filmaufnahmen im Hintergrund die Wüste Arizonas oder das australische Outback zu sehen ist. Auf jeden Fall wird sie von einem halben Dutzend Tänzern im Cowboy-Look umringt.

Nach dem hitzigen Auftakt im Wüstenambiente mit Kylie in einem glitzernden geschlitzten Kleid, folgte eine Version von „Blue Velvet“. Eingespielt wird der auf Video, Kylie ist in einer Bar zu sehen, sie trägt einen eleganten cremefarbenen Anzug und spielt mit einer Rose. Zum Schluss des Songs kommt sie in diesem Kostüm zurück auf die Bühne. Der zweite Akt endet mit einer starken Version von „I Just Can’t Get You Out Of My Head“, bei der ihre tolle Band Fleetwood Macs „The Chain“ zitiert.

"Stop me from Falling" im Biker Dress

Auf Eleganz folgt Leder. Im eng geschnittenen Biker-Dress absolviert sie Akt drei, „Lovers United“ steht hinten auf der Jacke. „Stop Me From Falling“ von der neuen Platte beendet diesen Teil, bevor Kylie wieder ins Backstage verschwindet, um im kurzen Kleid und einem um die Hüften geschlungenen Tuch zurückzukehren. „All The Lovers“ ist Höhepunkt dieses Konzertteils.

Glamourös wird es im fünften Akt der Show. Das Logo des legendären New Yorker Nachtclubs „Disco 54“ wird projiziert, Polizeisirenen heulen auf, eine Funkgitarre gibt den Rhythmus vor und das Mehr! Theater verwandelt sich in eine riesige Disco. Viele Zuschauer verlassen ihre Plätze im Hochparkett und strömen vor die Bühne, um mit Kylie zu tanzen. Die ist in einem goldglänzenden kurzen Fummel zurückgeschwebt und ihre Band lässt es ordentlich krachen.

Alle außer Rand und Band aufe der Bühne und im Saal

Nach einem Potpourri aus „New York“, „Raining Glitter“ und „On A Night Like This“ folgt „The Loco-Motion“, eine Tanznummer aus den 60er-Jahren, die Kylie 1987 gecovert hat und damit einen frühen Hit landete. Auf der Bühne und im Saal sind alle außer Rand und Band, Konfetti regnet auf die Tanzenden herab. Konzerte von Kylie Minogue sind immer großes Spektakel. Augen und Ohren sind von all den Videos und Lichteffekten gefordert, Tänzer und Kostümwechsel gehören zu dieser Show genauso wie die exquisite Band und zwei stimmgewaltige Background-Sängerinnen.

Die Fans können zwei Stunden lang in Kylies Welt eintauchen, bei den älteren Nummern in Erinnerungen schwelgen und sich von den neuen Songs überraschen lassen. Nachdenken muss man bei diesen großen Pop-Events nicht. Sich fallenlassen oder kopfüber in den Disco-Strudel zu stürzen reicht. Mit „Dancing“ als letzte Zugabennummer beendet Kylie das Hamburger Konzert. Der Saal tanzt, die Mission ist erfüllt.

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