Hamburg. Auf dem Album „Golden“ geht die Australierin neue Soundwege. Dennoch bleibt Mingogue sich treu und liefert tanzbaren Pop in Perfektion.

Es kommt nicht oft vor, dass die ersten Takte eines neuen Albums amüsiertes – nicht bösartiges – Gelächter auslösen. Aber „Dancing“, der Auftakt von Kylie Minogues Platte „Golden“ ist so ein Sonderfall. Countrygitarren? Was zum ...?

Natürlich gab es Vorwarnungen nach Kylies Releasekonzert vor einigen Wochen im Berliner Technoclub Berghain. Kannste dir nicht ausdenken: Kylie Mi­nogue. Country. Berghain. Wobei gleich klargemacht werden muss, dass die australische Popsängerin auf „Golden“ nicht als neue June Carter, Loretta Lynn oder Dolly Parton auftritt. Country und Western, Slidegitarren, Banjos, Geigen und Kastagnetten sind auf „Golden“ nur Klangbausteine, die gleichberechtigt neben Drumcomputer, Synthesizer und anderen akustischen Sättigungsbeilagen aufgetürmt werden. Als Gerüst für Kylies Stimme, die zwölfmal durch Auto­tune und Effektschleifen gejagt wird. Damit hat das Album mit Western ungefähr so viel zu tun wie Johnny Cash mit Heavy Metal.

Kylie Minogue schrieb an allen Liedern mit

In seiner Anlage ist „Golden“ ein Album wie ihr vor 30 Jahren erschienenes Debüt „Kylie“, wie ihr erfolgreichstes Werk „Fever“ (2001) oder der „Golden“- Vorgänger „Kiss Me Once“ (2014): Pop in Perfektion, melodiefreudig, tanzbar, eingängig, zuckersüß. Wie bei Pop-Interpretinnen üblich, arbeitete Minogue mit einem großen Team von Produzenten und Textern zusammen. Allerdings schrieb sie auch zum ersten Mal seit „Impossible Princess“ (1997) an allen Liedern mit.

Ursprünglich sollte „Golden“ „Synth-Pop Dancesongs, die die Fans von mir erwarten“ präsentieren, wie Minogue dem Branchendienst „Entertainment Weekly“ sagte. Ihr Manager schlug aber vor, mal etwas anderes auszuprobieren: Country. Und so reiste Minogue nach Nashville, zog durch Musikbars, hörte junge Liedermacher und nahm dort Songs auf. Deshalb klingen „Dancing“, „A Lifetime To Repair“ oder „Raining Glitter“ nun wie „Dolly Parton auf dem Dancefloor“, wie Kylie es selber beschreibt. Synthie-Bass, Fickerpicking-Gitarre und Housebeats passen jedenfalls ideal zur Cowboy/Cowgirl-Mottoparty im Nachtclub. Für eine Fahrt in einem alten Mustang über amerikanische Highways sind Songs wie „Shelby ’68“ allerdings weniger geeignet.

Kylie Minogue:
Kylie Minogue: "Golden" (Warner) © Simon Emmett | Simon Emmett

Die honky-tonky Fröhlichkeit, die Country manchmal ausmacht, wird durch die Pop-Elemente noch quietschbunter. Aber auch Melancholie kommt in einem Lied wie „A Lifetime To Repair“ durch, in dem Minogue ihre Trennung von ihrem Verlobten Joshua Sasse therapiert: „Heaven knows I tried my best, now I’m swimming in the sea of ­loneliness“ – seufz. Der Schritt, ­Minogues Glitterpop einen Stetson überzustülpen, ist mutig und funktioniert sogar gut. Aber für eine neue Karriereperspektive klingt das alles doch zu sehr nach dem Rednex-Hit „Cotton Eye Joe“, Yeehaw!

Infos: www.kylie.com