Hamburg. Museum für Kunst und Gewerbe gibt Raubkunst an die Nachfahren des jüdischen Sammlers Max Hahn zurück.
Ein sehr bewegender Moment spielte sich Mittwochnachmittag im Museum für Kunst und Gewerbe (MKG) ab: Direktorin Sabine Schulze und Carsten Brosda (SPD) übergaben einen einst von den Nationalsozialisten beschlagnahmten Silberbecher an Michael R. Hayden, den Enkel des jüdischen Sammlers Max Raphael Hahn, der dafür aus Vancouver angereist war.
„Die Silberobjekte aus jüdischem Besitz im MKG erinnern uns an das Leid, das seinen Besitzern zugefügt wurde“, sagte Kultursenator Brosda, „vor diesem Hintergrund ist die Rückgabe des Kidduschbechers an Familie Hayden zunächst eine Selbstverständlichkeit. Aber es sind gerade diese Selbstverständlichkeiten, die uns an die Verbrechen erinnern, die passiert sind.“ Anhand des Silberbechers, wegen seiner alttestamentarischen Darstellungen von Jakobs Traum auch Jakobs- oder Kidduschbecher genannt, wird eine unglaubliche Geschichte erzählt, die stellvertretend für die Schicksale unzähliger jüdischer Familien steht. Familien wie die des Unternehmers Hahn aus Göttingen, dem es 1940 nicht mehr gelang, mit seiner Frau Gertrud aus Deutschland zu emigirieren. Beide wurden deportiert und kamen in Riga oder auf dem Weg dorthin ums Leben.
Moralische Pflicht
Seine in Deutschland verbliebene Judaika-Sammlung fiel in die Hände des NS-Regimes. Lediglich der Silberbecher, auf 1757 datiert und als museumsrelevant eingestuft, entging dem Einschmelzen für die Kriegsproduktion und wanderte nach 1945 in den Besitz der Stadt. Er befand sich unter den Silberbeständen, die von den zuständigen Behörden nicht an die jüdischen Familien oder deren Nachfahren zurückgegeben werden konnten und die dem MKG 1960 von der Finanzbehörde zugewiesen wurden. „Die Geschichte des Kidduschbechers zwingt uns zu einem kritischen Blick auf die Vergangenheit der eigenen Institution“, sagte Sabine Schulze. „An diese großenteils anonymen Opfer deutscher Gewaltherrschaft zu erinnern gehört für mich zum Bildungsauftrag unseres Museums.“
Seit 2014 zeigt das Haus seine Silberbestände in der Austellung „Raubkunst? Provenienzforschung zu den Sammlungen des MKG“. Durch diese öffentliche Präsentation wurde Michael R. Hayden aufmerksam und meldete sich mit einem Rückgabegesuch. Anhand von Dokumenten aus dem Familiennachlass konnte der Becher identifiziert werden. „Deutschland und die Stadt Hamburg erfüllen damit ihre moralische Pflicht“, sagte der Mediziner. „Versöhnung löscht den Schmerz zwar nicht aus, aber ich kann persönlich Frieden finden und meine deutschen Wurzeln annehmen.“