Einer der erfolgreichsten Liebesfilme der 90er-Jahre erlebt in Hamburg ein Comeback – als Musical im Operettenhaus.

Auch das ist der Lauf der Evolution: Wer Ende der 1980er-, Anfang der 90er-Jahre auf Kino mit Herz stand, der gehört heutzutage offenbar zur Musical-Zielgruppe. Die Filme „Dirty Dancing“, und „ Sister Act“ wurden bereits erfolgreich für die große Bühne adaptiert, jetzt also „Ghost - Nachricht von Sam“.

Demi Moore, Patrick Swayze, Whoopi Goldberg, die Töpferszene. Mittvierziger nicken wissend. Und nicht zuletzt am Protagonisten sieht man, wie lange das Ganze her ist: eine männliche Titelfigur, die Wall-Street-Banker ist? Und trotzdem der Sympathieträger? Das ist heutzutage noch unvorstellbarer als dass sich ein Medium mit den Toten austauscht. Oder sich ein junges Paar - wie Molly und Sam in der Auftaktszene - eine geräumige Eigentumswohnung in Brooklyn leisten könnte. Schön wär’s. „Fang nicht an zu hoffen, es gibt kein Comeback“, singt ein Toter, der wie der erschossene Sam zwischen den Welten festhängt, an einer Stelle.

Songs von Dave Stewart

Für die Show gilt diese Erkenntnis selbstverständlich nicht. Für rund vier Monate ist „ Ghost“ nun der Musical-Wiedergänger des Filmoriginals und macht in einer Kooperation zwischen Stage Entertainment und dem Landestheater Linz am Operettenhaus Station, bevor dort Ende Februar Tina Turner einzieht.

In eher pragmatischer Kulisse - aus dem Bühnenloft wird mit Licht, Projektionen und wenigen Verschiebungen im Handumdrehen eine Subway, ein Büro oder ein Spriritistensalon - singt ein hochprofessionelles, äußerst dynamisches Ensemble die Songs von Dave Stewart (Eurythmics) und Glen Ballard. Die ziehen dabei ordentlich das Tempo an. Beginnend mit der ersten Gruppenchoreografie, einer Art Hochfinanzrock, ist der Grundton des Gesamtpakets treibender und spürbar aggressiver als im Filmoriginal. Streckenweise leider geradezu hysterisch.

Talent für Timing und Komik

Aber natürlich steht die Liebesgeschichte zwischen Sam und Molly zunächst im Vordergrund. Riccardo Greco und Roberta Valentini sind da ein durchaus engagiertes Paar, noch dazu mit tollen Stimmen, auch wenn die Romantik natürlich komplizierter wird, wenn einer der Beteiligten tot ist. Das eigentliche Ereignis des Abends aber ist Marion Campbell als unverzichtbares Medium Oda Mae, die Frau mit der Gabe Gespenster zu hören oder in sich hineinfahren zu lassen. Jene Rolle, mit der Whoopi Goldberg sich damals einen Oscar erspielt hat. Dagegen aufzutrumpfen, ist wahrlich kein Selbstläufer. Marion Campbell aber ist eine Rampensau im allerbesten Sinne, sie hat eine Riesenstimme und ein wirklich beeindruckendes Talent für Timing und Komik. Der Inszenierung verschafft sie nahezu im Alleingang ein wohltuendes Gleichgewicht zu all dem Zucker.

Wobei so ein bisschen Kitsch ja manchmal auch ganz fein sein kann, wenn er denn ans Herz geht. Während die Musik von Stewart und Ballard hier leider grundsätzlich etwas unentschieden Medleyhaftes an sich hat und eher wenig Ohrwurm-Potenzial zum Festhalten bietet, bleibt „Unchained Melody“, wie schon damals im Film, immer noch eines der allerschönsten Liebeslieder, ganz großes Hach-Material, Lauf der Zeit hin oder her. Das Premierenpublikumfeierte die Show mit großzügigem Applaus und Standing Ovations. Jetzt fehlt aus der erinnerungsseligen 90er-Serie „Kinohit wird Musicalstoff“ eigentlich nur noch „Pretty Woman“ in Hamburg. Ist aber nur eine Frage der Zeit. Am Broadway hatte die Produktion bereits Premiere.