Hamburg. Harald Falckenberg feiert seinen 75. Geburtstag. Künstler gratulieren, Ralf Ziervogel sogar mit einer neuen Ausstellung.

Vor 25 Jahren entschloss sich Harald Falckenberg, von der sicheren Bank als Unternehmer für Tankzapfpistolen ins Haifischbecken Kunstbetrieb zu springen. Am heutigen Freitag feiert der Hamburger Sammler, der mittlerweile zu den einflussreichsten Europas gehört, 75. Geburtstag. Seine private Sammlung umfasst rund 2000 Werke deutscher und amerikanischer Gegenwartskunst; sie wird von der Zeitschrift „Artnews“ als eine der 200 besten der Welt bezeichnet. Vor zehn Jahren eröffnete Falckenberg in den Harburger Phönixwerken die mehr als 6000 Quadratmeter große Außenstelle der Deichtorhallen, die seine Sammlung als Dauerleihgabe verwalten.

Es gibt also einiges zu feiern. Passenderweise findet die Geburtstagsparty dort statt, wo Falckenberg sich zunächst sein Wissen aneignete, sein Auge schulte: im Hamburger Kunstverein. Zusammen mit den Deichtorhallen wird ein Künstler-Panel veranstaltet, an dem auch Größen wie Daniel Richter teilnehmen. Die Hamburger Kunsthalle lädt mit zur Party.

Ein Richter für 10.000 D-Mark

Mit dem Berliner Maler verbindet der Sammler seine Gründerjahre. Gern wird die Anekdote kolportiert, nach der Falckenberg damals einen Richter für lachhafte 10.000 D-Mark angeboten bekam (heute werden dessen Werke eher für 2,5 Millionen Euro gehandelt). Logisch, dass er zugriff. Zur Künstlergarde um Martin Kippenberger, Hanne Darboven und Sigmar Polke gesellten sich bald Jonathan Meese, Christian Jankowski und auch Ralf Ziervogel.

Der Berliner Künstler, Jahrgang 1975, eröffnete jüngst auf drei Etagen des Harburger Sammlungsgebäudes seine größte, von ihm persönlich kuratierte Einzelausstellung. „As If“ präsentiert 130 zum Teil überdimensionale Zeichnungen: verdrehte, ineinander verschlungene, mit allerlei Instrumenten traktierte Körper. Ziervogels Ästhetik baut auf Gewalt auf, bezieht sich auf Comic- und Horrorfilm-Stilistik.

Als ein Geburtstagsgeschenk könnte man diese Geste von Ralf Ziervogel deuten: Der Berliner, der mit Falckenberg gut bekannt ist und den Bau des Ausstellungsortes stets begleitete, hat im Zuge von „As If“ auch gleich die vierte Etage mit Werken aus der Sammlung kuratiert.

Kritische Haltung gegenüber dem Kunstbetrieb

„,Was ist da an Frauen in der Sammlung‘, habe ich mich anfangs gefragt. Es ging mir darum, eigene Klischees zu überprüfen und Werke jenseits der immer gleichen ,Malersäue‘ zu zeigen“, sagte Ziervogel während der Pressekonferenz zur Ausstellungseröffnung. Mit dieser Art von Gegenkultur und seiner kritischen Haltung dem Kunstbetrieb gegenüber trifft er genau den Geschmack des Hamburger Sammlers, der nie nur das Schöne, Wahre und Gute in der Kunst suchte, sondern nach einer Haltung, danach, was ein Künstler mit existenziellen Fragen wie etwa der nach dem Scheitern anstellt. Am Ende ist die vierte Etage aber doch ein Gender-Querschnitt aus der Sammlung Falckenberg geworden, „weil es keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern gibt“, so Ziervogel.

Einzigartig werden beide Ausstellungen bleiben, sowohl die von Zier­vogel kuratierte Schau für Harald Falckenberg als auch seine Einzelschau. „As If“, die von Deichtorhallen-Intendant Dirk Luckow zunächst als größte Einzelschau des Berliners angekündigt wurde, wurde von Ziervogel selbst als seine vorerst letzte bezeichnet. „Es ist dennoch keine Retrospektive, sondern eine Blaupause, die Quintessenz dessen, was ich seit 2001 geschaffen habe. Erst jetzt begreife ich, was ich eigentlich tue.“ Nun sei die Zeit für einen Neuanfang gekommen. „Die Zukunft gehört nicht dem Künstler, sondern dem Handwerker, der ich nicht bin.“ Das nennt man wohl eine Geburtstagsüberraschung.

„Ralf Ziervogel. As If“ bis 27.1.2019, Sammlung Falckenberg/Deichtorhallen Hamburg (S Harburg), Wilstorfer Str. 71, öffentliche Führungen Do–So nach Anmeldung unter T. 32 50 67 62 oder im Internet unter www.deichtorhallen.de/buchung, Eintritt: 15,-/erm. 12,-